Wenn ich reich wäre, dann würde ich mir ein paar Softwarepatente und einen karrieregeilen Anwalt kaufen. Dieser Anwalt würde dann für mich noch mehr Kohle eintreiben. Ohne dabei jemandem eine Knarre ins Genick zu halten, sondern auf dem Weg der legalen „Rechtsprechung“. Ja, das wäre ein schönes Leben in Saus und Braus…
Wie dir sicherlich nicht entgangen ist, darf die Deutsche Telekom in ihren Online-Shops vorerst fast keine Smartphones mehr von HTC vertreiben. Aktuell sind nur noch das neue HTC A9, das Desire 626 und das HTC One M8s gelistet. Die restlichen Geräte verstoßen gegen ein Patent von Saint Lawrence Communications (SLC) zur Sprachübertragung, das laut den Richtern im Landgericht Mannheim kein zwingend nötiges Patent ist und somit nichts gegen die Zahlungen einzuwenden ist. Soweit die aktuell Story, die du am besten nicht aus den aktuellen News sondern hier nachliest (aus erster Hand von den Anwälten, quasi).
Doch wer verstößt eigentlich gegen das Patent? HTC, und wer wird verklagt? Die Deutsche Telekom und im Februar 2016 dann auch Vodafone….
Als Laie in Sachen Jurisdiktion würde ich das mal so beschreiben: mein Nachbar klaut mir jede Nacht ein paar Karotten aus meinem Garten. Weil er eine spezielle Schaufel benutzt, ist er dabei so schnell, dass ich ihn nie erwische. Jetzt gehe ich hin und verklage OBI, weil er sich dort die Schaufel gekauft hat. Logisch, oder? Und wenn ich reich wäre und mir einen Anwalt leisten könnte, der es so wirklich drauf hat, dann würde ich damit — natürlich nur vor dem Landgericht Mannheim — ziemlich sicher auch in erster Instanz durchkommen und OBI müsste den Verkauf von diesen Super-Schaufeln einstellen. Was für eine Schlagzeile, geil!
„Ich verklage OBI, weil mir jemand jede Nacht mit einer OBI-Schaufel Gemüse aus dem Garten klaut!“
Ich bin aber nicht reich und deshalb stellt sich natürlich gleich die nächste Frage: wem bringt das etwas, wenn die Telekom fast keine HTC-Geräte mehr verkaufen darf, und was kostet mich das? Die erste Frage ist recht einfach zu beantworten: Das Geld geht an die SLC GmbH, einen Patenttroll aus München (sic!), der nie einen Audiocodec entwickelt hat und bei dem ziemlich sicher keine einzige Person arbeitet, die überhaupt dazu fähig wäre, einen Codec für Sprachkomprimierung zu entwickeln.
Und was kostet mich das? Je nach Smartphone bis zu 200 Euro! Eine Studie vom Mai 2014 hat sich — im Auftag von Apple — mit den Kosten von Lizenzen für diverse in Smartphones verbaute Technologien beschäftigt und ist zum Schluss gekommen, dass über 25 Prozent des Smartphone-Preises aus Lizenzkosten für Software-Patente bestehen. Natürlich ist das nicht bei allen Herstellern so, denn über Cross-Licensing-Abkommen lassen sich die Kosten für einige Patente umgehen, aber 50 Euro dürften es bei vielen Herstellern in etwa sein, denn Microsoft alleine verdient ja bereits an jedem Android-Smartphone bis zu 5 Euro. Im aktuellen Fall gibt es eine offizielle Preistabelle von SLC. Demnach kostet bei einer Stückzahl von 10 Millionen Geräten der Decoder 43 US Cent, der Encoder 60 US Cent und die Codecs ebenfalls 60 US Cent.
Wir bezahlen also bis zu 25 Prozent beim Smartphone-Preis für Lizenzkosten. Davon geht ein großes Stück an Firmen, die diese Technologien nie entwickelt haben und diese auch nicht mehr weiterentwickeln werden, sondern einfach das Geld eintreiben. Und die Quintessenz, gerade bei diesem Sprachcodec: Die Gesprächsqualität wird ja durch die ganze Komprimierung und VoIP immer beschissener. Oder hattest du in den vergangenen 12 Monaten je das Gefühl, sie sei besser geworden? Im Endeffekt bezahlen wir also für etwas, das uns nicht einmal etwas nützt.
Ich verzichte an dieser Stelle auf Lösungsvorschläge, denn auch wenn ich persönlich Software-Patente für eine Krankheit halte, gibt es auch ein paar gute Gründe dafür. Der SLC GmbH wünsche ich viel Erfolg mit ihren Patentdeals, 2019 ist ja nicht mehr so weit weg, dann muss man sich halt ein neues Portfolio dazukaufen oder eine neue Firma gründen.
Zum Glück gibt es noch günstige China-Smartphones für den Direktimport. Da kann man sich die ganzen Lizenzkosten ersparen und muss lediglich dem Staat etwas Importzoll und Gema-Gebühr abliefern. Das ist wenigsten Geld, das später auch wieder verteilt wird ;-)