Als ich das Samsung Galaxy Note 4 auf einmal eine Woche vor offiziellem Marktstart auf Amazon bestellten konnte, staunte ich nicht schlecht: Die Lieferung sollte bereits am Montag, den 12. Oktober, erfolgen. Nachdem mein Samsung Galaxy S3 bereits in die Jahre gekommen ist, und ich nach den ersten Berichten der Fachpresse zum neuen Samsung-Flagschiff sowieso mit dem Note 4 liebäugelte, fasste ich mir ein Herz und löste die Bestellung über 769 Euro bei Amazon aus.
Wie nicht anders zu erwarten war, traf mein neues Phablet wie versprochen am Montag gegen 10 Uhr am gewünschten Lieferort ein. Beim Auspacken nahm ich kurz von dem Ladegerät inkl. separatem USB-Ladekabel, den Kopfhörern inklusive Ersatzkappen, den Klammern für das Wechseln der Minen für den S-Pen und dem kleinen Handbuch Notiz. Anschließend entfernte ich alle unnötigen Schutzfolien, lies aber die Display-Folie dran. Ich hatte zwar zusätzliche Schutzfolien für den großen Bildschirm bestellt, empfand die bereits angebrachte allerdings als ausreichend und recht angenehm bei der Berührung.
Den mitgelieferten Akku sowie meine alte MicroSD- und SIM-Karte steckte ich in die dafür vorgesehenen Einschübe. Bei der Abnahme der mit Kunstleder verzierten Rückseite fiel mir auf, wie dünn die Schale an dieser Stelle ist. Das wirkt erst einmal nicht sehr vertrauenerweckend, war aber schon beim Galaxy S3 so. Da sich mein Galaxy S3 schon bei vielen Gelegenheiten als sehr robust erwies, nehme ich die dünne Rückseite wertungsfrei in Kauf.
Das Note 4 liegt trotz des 15,35 x 7,86 cm großen und knapp 180g schweren Gehäuses gut in der Hand. Die Bedienung mit zwei Händen und dem mitgelieferten S-Pen (später mehr dazu) ist sehr angenehm. Wer das Gerät lieber mit nur einer Hand bedient, kann softwareseitig in den einhändigen Modus wechseln: Durch eine Geste verkleinert sich der Bildschirm, wodurch alle Stellen auf dem Bildschirm komfortabel mit dem Daumen erreichbar sind.
Vor dem Kauf hatte ich Angst, dass mir das Gerät irgendwann zu groß wird. Nach rund einer Stunde Erkundungslauf hatte ich mich allerdings entschieden: Ich nahm mein Galaxy S3 in die Hand und setzte es auf den Werkszustand zurück, damit ich es weiterschenken kann. Dabei empfand ich den Bildschirm des S3s so klein, dass ich mich gefragt habe, wie ich jemals mit so einem kleinen Gerät arbeiten konnte.
Hochwertige Ausstattung
Die Bedienung des Geräts ist stets flüssig, auch aufwendige 3D-Spiele flimmern gut über das 5,7-Zoll große AMOLED-Display. Grund genug, mal unter die Haube zu schauen und die gefühlte Spitzen-Performance durch Benchmarks zu untermauern.
Die europäische Variante ist mit einem “Qualcomm Snapdragon 805”-Chipsatz ausgestattet, wobei die vier CPU-Kerne je mit 2,7GHz getaktet sind. Die GPU “Adreno 420” dürfte leistungsstark genug für alle derzeit erhältlichen Android-Spiele sein, wobei die FPS-Zahl auf Grund der hohen Bildschirmauflösung von 1440 x 2560 Pixeln sicher hier und da sinken wird. Die 3 GByte RAM sorgen für ausreichend Arbeitsspeicher im Alltag. Laut meiner App zur Messung des RAM-Verbrauchs bin ich zu keinem Zeitpunkt an die Grenze von 3 GByte RAM angestoßen.

Beim internen Gerätespeicher fällt die Ausstattung mit 32 GByte in meinen Augen nur durchschnittlich aus. In dieser Preiskategorie wäre ein Sprung auf 64 GByte sicherlich machbar gewesen, wobei der interne Speicher wenigstens durch externe MicroSD- und MicroSDHC-Karten offiziell mit bis zu 64 GByte Kapazität erweitert werden kann.
Ein weiteres Manko stellt die USB-Schnittstelle dar: In Hinblick auf die anstehende Veröffentlichung von Samsungs eigener Virtual-Reality-Brille „Gear VR“ hat Samsung auf der Unterseite des Handys nur einen USB-2.0-Port verbaut.
Die Kamera schießt bis zu 16 Megapixel große Bilder und punktet besonders bei Außenaufnahmen, in gut erleuchteten Räumen und bei der Aufnahme von (eigentlich wackeligen) Videos. Das vorinstallierte Android 4.4.4 (Kernel 3.10) lässt sich stets flüssig bedienen, auffällig ist auch die sehr kurze Ladezeit der meisten Apps. Das Galaxy Note 4 wird sicher ein Update auf Android 5.0 „Lollipop“ erhalten, aber nicht wie für das S5 angekündigt noch in diesem Jahr sondern erst 2015.
Laufzeitwunder
Samsung verbaut einen 3220 mAh großen Akku im Samsung Note 4. Damit fällt die Batterie zwar im Vergleich mit dem Samsung Note 3 nur minimal größer aus, die Laufzeit des Geräts kann sich jedoch auch weiterhin sehen lassen.
Im Praxistest hält Samsungs neuestes Flaggschiff selbst bei starker Nutzung locker einen Tag durch, wobei ich die meiste Zeit über WLAN anhabe sowie diverse Apps im Hintergrund laufen. In meiner Nutzung läuft der Bildschirm allerdings nur auf rund 20-35 % der möglichen Bildschirmhelligkeit.
Bei gleicher konfigurierter Helligkeit und aktiviertem WLAN verbrät das Gerät beim Spielen von aufwendigen 3D-Games ca. 20 Prozent Akku-Kapazität pro Stunde – damit kommt das Smartphone in einer theoretischen Hochrechnung auf knapp 5h Spielzeit am Stück – aus meiner Sicht ein ordentlicher Wert, wenn man den großen Bildschirm und die hohe Auflösung berücksichtigt. Andere Tests berichten von über 25 Stunden Gesprächszeit beim Galaxy Note 4, womit das Smartphone hinter dem Ascend Mate 2 von Huawei ein Rekordhalter bei der Gesprächsdauer ist.
Während mein altes Samsung Galaxy S3 bei längerer Nutzung von ressourcenhungrigen Apps unangenehm warm werden konnte, habe ich diesen Effekt beim Samsung Note 4 noch nicht beobachten können.
Trotz der beachtlichen Akku-Kapazität lädt das Samsung Note 4 Dank verbauter Quick-Charge-Technologie innerhalb von maximal 2,5 Stunden auf, wobei die ersten 50 % bereits nach rund 30 Minuten erreicht werden. Voraussetzung dafür ist allerdings die Verwendung des mitgelieferten Netzteiles, das die Schnellladetechnologie unterstützt.
Bedienung und S-Pen
Im Alltag gestaltet sich die Bedienung des Phablets mit dem Stift, einer Hand und zwei Händen recht angenehm. Ein Gerät dieser Größe benötigt insbesondere bei einhändiger Bedienung eine gewisse Eingewöhnungszeit, wobei der nutzbare einhändige Modus eine große Hilfe darstellt. Mit einer Wischgeste lässt sich die gesamte Anzeige verkleinern, so dass das Gerät komfortabel mit einer Hand verwendet werden kann.

In dem rechten Gehäuserand ist ein Einschub verbaut, in dem der so genannte S-Pen steckt. Mit etwas Übung gleitet der Stift locker aus dem Gehäuse und liegt – zumindest bei mir – sehr gut in der Hand. Anwender mit größeren Händen finden den Stift allerdings womöglich zu klein.
Auf dem Stift ist eine Taste eingelassen, mit der das Aktionsmenü von Samsungs Stiftfunktionen aufgerufen werden kann. Zusätzlich kann konfiguriert werden, dass sich dieses Aktionsmenü bereits bei Entnahme des Stifts aus dem Einschub öffnet.
Über das Aktionsmenü sind wichtige Funktionen erreichbar:
- Aktionsmemo (Notizzettel mit erweiterten Funktionen)
- Intelligente Auswahl (Auswahl von beliebigen Bildschirminhalten zur weiteren Verarbeitung)
- Bildclip (Auswahl eines Bildschirmbereichs als “Bild”)
- Screenshot-Notiz (fertigt einen Screenshot an, der weiter verarbeitet werden kann)
Dabei legt Samsung großen Wert auf die Wiederverwertung von mit dem Stift erstellten Inhalten. Mit der “intelligenten Auswahl” etwa erfasse ich einen Teil eines Online-Artikels, füge ein paar Notizen hinzu und schicke das Paket via WhatsApp oder andere Kommunikationswege zu Freunden und Bekannten.


Während beruflicher Meetings nutze ich die App “S-Note”, um wichtige Notizen festzuhalten. Dabei kann ich sowohl frei auf einem virtuellen Block schreiben, als auch die Handschrifterkennung als alternative Eingabemöglichkeit zur Tastatur wählen. Letzteres sorgt dafür, dass handgeschriebene Inhalte in feste Zeilen geschrieben werden.
Die Handschrifterkennung lässt sich übrigens bei jedem Feld verwenden, welches eine Eingabe zulässt – also immer. Längst schreibe ich meine Mails und Chat-Nachrichten mit dem Stift auf dem Bildschirm, da die Erkennung meiner Handschrift in den meisten Fällen hervorragend funktioniert. Selbst die zugegebenermaßen schwer lesbare Schreibschrift einer meiner Freunde wird vom Gerät erkannt und in lesbare Zeichen umgewandelt. Genial, wie Samsung das gelöst hat!
Wer noch nie ein modernes Smartphone mit einem Stift bedient hat, wird sich schnell an den S-Pen gewöhnen. Der Stift kann auch für die normale Bedienung des Geräts verwendet werden.
Eine weitere Besonderheit stellt neben dem S-Pen der Scanner zur Erfassung von Fingerabdrücken dar. Der Sensor ist in der Home-Taste verbaut und kann beispielsweise für die Entsperrung des Geräts oder ggf. fürs Bezahlen verwendet werden. In meinem Test war die Erkennung meines Fingerabdrucks noch etwas hakelig – hier hat das aktuelle iPhone womöglich die Nase vorn und auch Huawei hat im Ascend Note 7 den besseren Sensor/eine bessere Lösung verbaut
Kamera und Gesprächsqualität
Ich empfand stets einen Anflug von Belustigung, wenn ich Bekannte mit ihren Riesenhandys beim Telefonieren erwischt hatte. Bei meinen ersten Telefonaten lag das Gerät allerdings gut in der Hand, womit ich schnell vergaß, was für einen Anblick ich für Außenstehende bieten musste. Die von mir wahrgenommene Gesprächsqualität ist gut, das Gegenüber ist selbst bei lauten Hintergrundgeräuschen gut zu verstehen.
Die Kamera hatte ich bisher nur sporadisch benutzt. Die von mir geschossenen Bilder besitzen standardmäßig eine Auflösung von 5312 x 2988 (Querformat) und werden bis zu 5 MB groß. Die Bilder wirken im Vergleich zu meinem alten Galaxy S3 noch schärfer, farbintensiver und lebendiger. Besonders deutlich wird der Unterschied in schlecht beleuchteten Räumen: Während mein altes Galaxy S3 in dunklen Räumen mit dem Fernseher als einzige Lichtquelle kapituliert hat, zeigt das Samsung Note 4 immer noch jede Menge Details. Gefühlt hat sich hier eine Menge getan.
Benchmark-Werte
Wer ein Phablet zu diesem Preis verkauft, muss sich einen genauen Blick auf die Performance-Werte gefallen lassen. Wie üblich wählte ich zur Messung der Leistungsfähigkeit die beiden Benchmark-Tools AnTuTu und Vellamo aus. Vor beiden Messvorgängen wurde das Samsung Note 4 auf den aktuellsten Software-Stand gebracht und neu startet.
AnTuTu blieb während des ersten Durchlaufs kurz nach dem 3D-Test bei rund 76 % hängen, lief bei einem zweiten Versuch aber ohne Probleme durch und spuckte am Ende eine beachtliche Werte in Höhe von 48653 Punkten aus.
Zum Vergleich zeigt die Anwendung die maximal erreichte Punktzahl von anderen Geräten. Hier wird das HTC M8 mit einem Score von etwas mehr als 43 000 gelistet, Sonys neues Xperia Z3 wird an dieser Stelle leider nicht gelistet. Derzeit finden wir kein Gerät, welches unter AnTuTu besser abschneidet als das Samsung Note 4.

Für die Messungen mit Vellamo sind ähnliche Spitzenwerte zu verzeichnen. Im ersten Test, “Browser Chapter”, erreicht das Samsung Note 4 3591 Punkte. Zum Vergleich: Laut Vellamo kam das Samsung Galaxy S5 auf etwa 3047 Punkte, mein altes S3 gar auf nur 1077.

Im nächsten Vellamo-Test, “Metal Chapter”, klettert die Punktzahl für das Samsung Note 4 auf 1802. Auch hier braucht das Gerät keinen Vergleich zu scheuen: Die nächsten Geräte in der Bestenliste finden sich laut Vellamo allesamt unterhalb der 1700er Grenze: Das OnePlus One kommt demnach auf 1653 Punkte, das HTC M8 landet bei 1503. Und auch hier zeigt der direkte Vergleich mit den anderen Samsung-Galaxy-Geräten, wie groß der Sprung ausfällt. Das Samsung Galaxy S5 kommt auf 1464 Punkte, das S3 auf magere 624.
Der “Multicore”-Test von Vellamo landet bei 1939 Punkten. Das Note 4 erobert damit laut Vellamo auch hier die Spitzenposition und reiht sich über dem HTC M8 (1896) und OnePlus One (1824) ein. Auch hier lohnt der direkte Vergleich mit den älteren Samsung-Modellen: Das Galaxy S5 liegt bei immerhin 1647, das S3 bei 1126 Punkten. Insgesamt kommt das Note 4 bei den Benchmark-Tests hervorragend weg.

Fazit
Das Samsung Note 4 liegt trotz seiner großen Maße gut in der Hand und überzeugt dank hochwertiger Komponenten, einem klasse Display und einer hervorragenden Akkulaufzeit. Der S-Pen ist eine sinnvolle Erweiterung und mit zahlreichen nützlichen Features verknüpft.
Weitere Features, wie der Sensoren für die Erkennung von Fingerabdrücken oder der Pulsmesser sind für spezielle Use-Cases nützlich, bleiben ansonsten aber nette Spielereien.
Über den Autor: Valentin Höbel arbeitet als Cloud Architect für die NFON AG in München. In seiner Freizeit betreibt er den Blog www.xenuser.org zu den Themen Linux und Open-Source und schreibt hier und da für verschiedene Online- und Print-Medien.
Wer meckern möchte, muss bei diesem Phablet ins Detail gehen: Der interne Speicher könnte etwas größer ausfallen und der Rückschritt zu USB 2.0 wird bei so manchem Käufer Verwunderung auslösen, wenn er ihn überhaupt bemerkt. Der Kaufpreis wirkt mit knapp 780 Euro (Amazon zur Markteinführung) etwas zu hoch, ist aber angesichts der Spitzenausstattung durchaus gerechtfertigt. Potenziellen Käufern empfehle ich noch rund zwei bis drei Monate zu warten – spätestens dann wird der Preis erfahrungsgemäß auf deutlich unter 700 Euro fallen. Ich habe den Kauf jedenfalls nicht bereut!