Wenn du mit 40 zum Gehörtest gehst und dir dein Ohrenarzt attestiert, dass du besser hörst als der durchschnittliche 16-Jährige, dann kann das zwei Dinge bedeuten: Du steckst dir bei lauten Konzerten immer etwas in die Ohren, oder du hast ein verdammt gutes Gehör. Bei mir trifft zum Glück beides zu.
Darum erlaube ich mir auch immer wieder mal Kopfhörer zu testen, obwohl ich kein ausgesprochener HiFi-Freak bin und bei der Erwähnung von Neodym-Treibern unter Fachkollegen immer mal einen kurzen Blick in die Wikipedia werfen muss :-) Umso mehr habe ich mich darüber gefreut, dass mir die britische Audio-Firma RHA ein Paar Kopfhörer für Tests und zum Verlosen geschickt hat.

Die T10 von RHA sind so etwas wie der Rolls Royce unter den In-Ear-Kopfhörern, zumindest wenn man den Preis, die Aufmachung, das umfangreiche Zubehör und die Beschreibung betrachtet. Die T10-Kopfhörer gibt es in zwei Versionen: Die von mir getestete Variante T10 ohne jegliche Bedienelemente und die Version T10i mit Mikrofon, Play/Pause-Taste und Lautstärkebuttons. Die T10-Variante kostet bei Amazon aktuell 169,95 Euro, für das i-Modell verlangt Amazon 179,95 Euro. Bei der T10i-Version funtkioniert unter Android ziemlich sicher nur die Play/Pause-Funktion und das Headset, die Lautstärke über die Buttons zu regeln, ist — wenn überhaupt — nur mit Software-Hacks möglich.
RHA T10 – Reine Kopfhörer
Das T10-Modell, das ich für diesen Artikel getestet habe, ist also ein reinrassiger In-Ear-Kopfhörer, der über mehrere Besonderheiten verfügt. Zunächst fällt bereits beim Aufschlagen der Verpackung auf, dass RHA ein ganzes Set an In-Ear-Buds mitliefert. Damit kannst du ziemlich sicher sein, dass die Kopfhörer auch bei dir ins Ohr passen.
Ebenfalls speziell ist die Befestigung bzw. der zusätzliche Halt über die flexiblen Bügel, die man hinter dem Ohr trägt. Der Bügel verschafft den In-Ears nicht nur den nötigen Halt, er erhöht auch den Tragekomfort extrem.

Eine dritte Besonderheit besteht in den so genannten „Tuning-Filtern“, die RHA beim T10 und beim Modell T10i mitliefert. Damit lassen sich Bässe und Höhen auf Wunsch separat etwas hervorheben. Last but not least gibt der Hersteller drei Jahre Garantie auf die Kopfhörer. Wenn du also gerne und oft Musik hörst, und dein Headset nicht allzu lange hält, dann lohnt sich ein Blick auf die RHA-In-Ears.

Details zum benutzten Audiotreiber findest du auf der RHA-Homepage. Wie eingangs erwähnt interessiere ich mich nicht sonderlich für Dinge wie 10-stündiges MIM-Verfahren, bei dem der Edelstahl auf über 1300° erhitzt wird. Hauptsache der Sound stimmt.
Tragekomfort und Klang
Die T10-Kopfhörer lassen sich sehr angenehm tragen. Das Einsetzen erfordert etwas mehr Geduld als bei üblichen In-Ears, vor allem wenn du keine kurze Haare trägst. Einmal drin sitzen die T10 aber wirklich sehr bequem und nach den ersten paar Sekunden stören auch die kühlen Metallteile nicht mehr, da sie sich sogleich deiner Körpertemperatur anpassen. Ich war überrascht, dass die Kopfhörer auch nach einer Stunde Dauermusikgenuss überhaupt nicht störten oder „schwerer“ wurden.
Das bei den In-Ear typische Geräusch durch Reibung des Kabels an Kleidern oder am Körper konnte auch RHA nicht komplett eliminieren. Wenn du die Kopfhörer aber nicht in erster Line zum Joggen brauchst (wozu sie meiner Meinung nach taugen, aber schon fast zu schade sind), dann werden dich diese Geräusche nicht stören. Das Kabel zwischen dem 3,5mm Klinkenstecker und dem Verteiler ist genug dick, um sich nicht zu verheddern und auch die etwas dünneren, gleich langen Kabel vom Y bis zu den Treiber-Gehäusen sind recht unempfindlich für Verdreher.

Den Klang des T10 zu beschreiben, ist recht einfach: Die Kopfhörer klingen wirklich ausgezeichnet! Sie bieten einen sehr ausgeglichenen Klang ohne dabei den Bass zu vernachlässigen. Wenn du jetzt an einen Subwoofer denkst, der dir die Haare um den Kopf fliegen lässt und aus deiner MP3-Musiksammlung in 128 kbps einen höllischen Lärm zu produzieren vermag, dann wirst du mit den T10 nicht glücklich werden. Stehst du aber auf eine möglichst unveränderte Klangwiedergabe, dann sind die RHA-Kopfhörer genau richtig. Sie sind in jedem Fall die besten In-Ear-Kopfhörer, die ich je tragen und testen durfte.
Was bringen die Filter?
Die T10i-Kopfhörer unterstützen von Haus aus ein recht breites Frequenzspektrum (16 Hz bis 22 KHz) und verfügen über einen recht markanten Bass bei angenehmen hohen Frequenzen. Neben den vorinstallierten Filtern liefert RHA zwei Filterpaare zum Wechseln mit. Das Paar in Bronze ist für mehr Höhen verantwortlich, das Paar in Schwarz für mehr Tiefen. Ich habe die Probe aufs Exempel gemacht, und versucht mit diversen Musikstücken (Klassik, Pop, Jazz, HipHop) in verschiedener Qualität (MP3, OGG Vorbis, FLAC, WAV) einen Unterschied herauszuhören. Fakt ist: es gibt einen hörbaren Unterschied, aber er ist sehr subtil. Solltest du also irgendwo in einem Bericht lesen oder hören, dass mit dem schwarzen Filter dir die Bässe nur so ins Ohr fliegen, dann hat der Tester garantiert geschummelt, denn die Unterschiede sind wirklich sehr gering.
Die Filter sind auch in keinem Fall dazu gedacht, um vom Benutzer häufig gewechselt zu werden. Mache die Probe mit einem Musikstück, das du in- und auswendig kennst. Höre es mit allen drei Filtern an und entscheide dich dann für den Filter, der dir am besten Gefällt. „Mehr Bass“ oder „mehr Höhen“ erreichst du mit einem Equalizer deutlich einfacher.

Beim Filter für die Höhen handelt es sich um ein schlichtes Kupferröhrchen ohne Innenleben, der Bass- und der Referenzfilter enthalten irgendeinen schaumartigen Einsatz, den ich jetzt nicht seziert habe, da die Kopfhörer ja noch verlost werden sollen ;-) Für meine Hörtests benutzte ich das Nexus 5 und den Player Aimp. Einen klaren Unterschied zu hören gelang mir nur mit Musik ab 300 kbps (variable Bitrate). Am deutlichsten kamen die Unterschiede bei meinem Testsong im 24-Bit-Flac-Format mit einer Bitrate von 1800 kbps zum Ausdruck: Hier konnte ich im Blindtest den eingesetzten Filter klar bestimmen, wenn ich nacheinander alle drei durchprobierte. Absolut bei einem Song zu sagen, „das ist der Referenz-Filter“ ohne mit den zwei anderen Filtern vergleichen zu können, würde ich mir nicht zutrauen.
Für einen weiteren Vergleich testete ich die Kopfhörer auch mit dem Moto G 2013 (169 Euro) und dem Android-One-Gerät Karbonn Sparkle V (99 Euro). Zu meinem Erstaunen lieferten die Kopfhörer auch hier ein hervorragendes Klangerlebnis. Die Unterschiede beim Preis eines Smartphones müssen sich also nicht zwingend auch auf den verbauten Audio-Chipsatz auswirken.
Kritikpunkte
An den Kopfhörern selbst habe ich nichts auszusetzen. Ich finde sie fast perfekt. Einzig der Klinkenstecker könnte etwas kürzer sein.
Die Verpackung passt hingegen nicht ganz zu einem High-End-Produkt. Die Einlagen sind unsauber verklebt, die mitgelieferte Hülle ist aus einem billigen Lederimitat und die Box stinkt nach Fabrik. Das soll hier keine Kritik daran sein, dass die Headphones in China produziert werden, aber wenn RHA ein qualitativ hochwertiges Produkt anbieten möchte, dann sollte auch die Verpackung stimmen: Also weniger Kunststoff, weniger Klebstoff und eine Hülle aus echtem Leder oder aus einer anderen hochwertigen Textilie. Das trübt den insgesamt seht guten Eindruck der Kopfhörer leicht.

Fazit
Die T10 von RHA gehören ohne Zweifel zu den besten In-Ear-Kopfhörern überhaupt. Sie verfügen über einen sehr klaren, ausgeglichenen Sound bei dem auch die Bässe nicht zu kurz kommen und sind angenehm zu tragen. Die mitgelieferten Filter sind eine nette Spielerei, für mich persönlich aber mehr eine Art Proof-of-Concept ohne WOW-Effekt beim Anhören.
Die Tests mit dem Moto G und dem Android-One-Gerät Karbonn Sparkle V haben zudem gezeigt, dass du kein High-End-Smartphone brauchst, um mit dem RHA-Kopfhörer T10 deine Musik zu genießen. Klar mutet es etwas seltsam an, wenn das Handy weniger kostet als die Kopfhörer, aber jeder muss für sich selbst wissen, wo er die Prioritäten setzt. Ich kann die T10: High-Fidelity von RHA uneingeschränkt empfehlen.
