Android ist das ideale System für Senioren, weil es sich optimal an die eigenen Anforderungen anpassen lässt. Egal, wenn Augen und Finger eventuell nicht immer das tun, was du gerne tun möchtest, unter Android gibt es diverse Möglichkeiten, das Smartphone zu bedienen. Wir stellen sie dir in diesem Artikel vor.
Teil 1 unserer Serie erntete viel Lob aber auch viel Kritik, deshalb möchte ich hier noch einmal klar stellen (wie im ersten Teil bereits geschildert), dass Alter und Zugang zu Computern nichts miteinander zu tun haben. Jemand kann alt und geistig top fit, jemand jung und doch schon geistig senil sein. Zudem gibt es viele Omas und Opas, die mit dem Computer groß geworden sind, andere benutzen jetzt zum ersten Mal einen Computer, auch wenn wir ihn „Smartphone“ nennen.
Kritik kam auch hinsichtlich der benutzten Fachbegriffe. Unsere Serie geht davon aus, dass der oder diejenige, die fähig ist, alleine nach diesem Artikel zu googlen den Text auch verstehen und das Geschilderte nachvollziehen kann. Die Artikelserie kann und will keine grundlegende Einführung in Android sein, dazu eignet sich ein gedrucktes Buch — egal wie alt — besser. Deshalb haben wir in Teil 1 auch nicht mit den trivialsten Dingen, sondern mit dem Launcher angefangen.
Im aktuellen Teil geht es um die vielen Möglichkeiten, die Android bietet, um Text einzugeben, Teil 3 wird sich den einzelnen Chat-Programmen widmen und ihre Vor- und Nachteile schildern. In Teil 4 stellen wir allgemeine nützliche Apps für Senioren vor. Falls du Teil 1 verpasst haben solltest, dann findest du den Artikel über diesen Link.
Besser mit Bordmitteln
Das größte Problem bei der Eingabe mit dem Finger stellt die größe von Bedienelementen dar. Dazu gehören nicht nur die Symbole auf dem Touchscreen sondern auch die Schriften. Ob jemand noch sehr gut sieht, spielt hier oft eine untergeordnete Rolle, viel wichtiger ist es, mit dem Finger den passenden Bereich auf der Tastatur oder dem Touchscreen zu erwischen.
Android stellt Bedienelemente und Schriften in der Grundeinstellung recht klein dar, bietet aber von Haus aus die Möglichkeit, das zu ändern. Dazu öffnest du die Einstellungen (startest die App Einstellungen) und scrollst bis zum Eintrag System | Bedienungshilfen. Samsung-Nutzer finden den Eintrag unter Einstellungen | Mein Gerät | Eingabehilfe | Sehhilfe | Schriftgröße. Hier gibt es einen Eintrag „Großer Text“, den du schon mal aktivieren kannst. Je nach Android-Version und Hersteller erscheint jetzt noch eine Auswahl, ob der Text mittel, groß oder sehr groß sein soll oder es gibt sogar fünf Schriften zur Auswahl. Die folgende Abbildung zeigt die Einstellungen bei Samsung mit der Schriftgröße Normal (Standard) und groß. Die Einstellung „Sehr groß“ wirkt sich nicht auf alle Schriften aus, damit das Handy bedienbar bleibt.

Vergrößerung nutzen
Doch die Einstellung wirkt sich nicht auf alle Elemente aus. So bleiben zum Beispiel die Beschriftungen auf dem Startbildschirm gleich groß, auch in vielen Apps ändert diese Android-Einstellung nichts an der Größe. Hier biete sich eine zweite Einstellung an der gleichen Stelle an. Unter Bedienungshilfen | Vergrößerungsbewegungen schaltest du die Zoom-Funktion ein (bei Samsung findet sich der Eintrag wiederum unter Einstellungen | Mein Gerät | Eingabehilfe | Sehhilfe. Ist die Vergrößerungsbewegung aktiviert, dann genügt ein dreifaches Antippen auf einem beliebigen Bildschirm, um die Zoom-Funktion einzuschalten.
Also dreimal hintereinander aufs Display tippen und danach die vergrößerte Ansicht genießen. Natürlich klappt das nur an einer leeren Stelle, also nicht auf ein App-Symbol tippen, und auch nicht in der Tastatur. Bei eingeschalteter Vergrößerung kannst du den Bildausschnitt über eine Zweifingergeste verschieben: Zwei Finger auf das Display legen, und vorsichtig etwas herumfahren. Herein- und Hinauszoomen klappt über die gewohnte Spreizgeste mit zwei Fingern ebenfalls.

Möchtest du den Vergrößerungsmodus wieder verlassen, einfach erneut mit einem Finger dreimal hintereinander aufs Display tippen.
Berühren/Halten
Damit sind wir beim letzten Punkt der Bordmittel von Android angelangt: Tippgeschwindigkeit. Je nachdem, wie flott deine Finger noch arbeiten, lohnt es sich, die Verzögerung beim Tippen und Halten zu verkürzen oder verlängern, denn oft wird aus dem geplanten Antippen dann doch ein Gedrückthalten (oder umgekehrt), und dann reagiert die App oder das System nicht wie gewünscht.
Auch diese Funktion findest du in den Android-Einstellungen unter Bedienungshilfen | Reaktionszeit Berühren/Halten. Bei Samsung findet sich der Eintrag unter Einstellungen | Mein Gerät | Eingabehilfe | Geschicklichkeit und Interaktion. Kurz entspricht demnach 0,5 Sekunden, lang 1,5 Sekunden. Was bedeutet das in der Praxis? Wenn du die Reaktionszeit auf „lang“ stellst, dann musst du einen Eintrag mindestens 1,5 Sekunden lang gedrückt halten, damit das System die Aktion nicht als Antippen sondern Gedrückthalten interpretiert. Oder andersherum: Wird ein Antippen vom Android-System oft nicht als solches registriert, dann lohnt es sich, diese Einstellung auf „lang“ zu stellen.

Besser schreiben
Senioren benutzen ihr Smartphone oft auch dazu, um mit ihren Kindern oder Enkeln zu chatten. Die Eingabe über die Tastatur lernen sie meistens recht schnell, die Probleme kommen aber bei zu kleinen Eingabefeldern und bei Vertippern. Hier besteht die einfachste Lösung meistens darin, das Wort wieder zu löschen und neu einzutippen. Aber das ist auf Dauer frustrierend und führt oft dazu, dass man ungewollt an der falschen Stelle tippt.
Als einfachste Lösung bietet sich die Spracheingabe aa. Dazu einfach in der Tastatur-App die Taste mit dem Zahnradsymbol gedrückt halten (Samsung-Nutzer müssen anschließend noch auf das Mikrofon tippen). Doch auch bei der Spracheingabe gibt es Fehler, dann muss der Kursor wieder mühsam an die richtige Stelle gebracht werden oder man fängt noch einmal von vorne an.


Eine Lösung, die sich in meinem Bekanntenkreis bewährt hat, ist der Umweg über einen Notizzettel. Du schreibst die E-Mail oder Chat-Nachricht zunächst in einer Notizzettel-App und fügst den Text dann in die gewünschte App ein. Das geht ganz einfach über das Teilen-Menü der App. Allerdings gibt es nur wenige Apps, die diese Funktion bieten. Eine der besten ist ClevNote von Clevapps.
Möchtest du zum Beispiel einen neuen Chat starten, dann startest du dazu zunächst ClevNote und legst über den Plus-Button oben rechts neben der kleinen Wolke eine neue Notiz an. Einen Titel brauchst du nicht, tippe oder spreche einfach im Textfeld (Inhalte eingeben) drauflos.

Auch hier besteht das Problem, dass du eventuell Wörter korrigieren musst. Doch im Unterschied zu Gmail, WhatsApp, Hangouts oder einer beliebigen anderen App, stören dich dabei keine anderen Schaltflächen, die du eventuell erwischt. Auch ein versehentliches Versenden ist ausgeschlossen. Zudem kennst du ja jetzt den Trick mit dem Vergrößern, also einfach zu einer größeren Ansicht wechseln, um zum Beispiel den Cursor zu verschieben.

Passt der Text, tippst du oben rechts auf den Haken. Die App speichert ihn und du landest in der Übersicht mit allen Texten. Hier hältst du den Finger auf der gewünschten Textnachricht gedrückt, bis ein neues Fenster erscheint und wählst den Eintrag Veröffentlichen. Aus der Liste der verfügbaren Apps wählst du dann zum Beispiel Gmail, Hangouts, WhatsApp oder welche App du auch immer benutzen möchtest.


ClevNote ist gratis. Die App zeigt am unteren Bildschirmrand Werbung an, das stört aber bei der normalen Nutzung nicht und ein Vertippen ist sehr, sehr unwahrscheinlich. ClevNote speichert deine Notizen auf Wunsch auch in der Cloud (bei Google Drive). Für die Nutzung als Editor ist das aber nicht notwendig.
Falls du dazu keine unbekannte App benutzen möchtest, kannst du auch Google Notizen für das Teilen von Textnachrichten benutzen. Google Notizen hat aber wiederum den Nachteil, dass die App diverse kleine Schaltflächen besitzt, bei denen man sich gerne vertippt.


Der Umweg über den Notizblock hat zudem den Vorteil, dass sich mit der Zeit ein paar Textbausteine ansammeln, die man immer wieder mal benutzen kann. Spätestens wenn du täglich chattest wirst du ihn allerdings nicht mehr benötigen. Für Gelegenheitsschreiber bietet er aber eine gute Möglichkeit, Texte einfacher zu schreiben und sicher zu teilen.
Tastatur-Apps
Wie gut du mit der Eingabe unter Android zurecht kommst, hängt natürlich auch von der benutzten Tastatur-App ab. Auch hier musst du dich nicht mit der vom Hersteller vorinstallierten Tastatur zufriedengeben, falls dir diese nicht zusagt, sondern kannst — wie bei den Start-Apps — im Play Store eine alternative installieren. Neben den Vorteilen solltest du dabei auch die Nachteile bedenken: es gibt viele schwarze Schafe unter den Apps, die persönliche Daten auslesen und/oder dein Handy mit Reklame zumüllen. Im folgenden stelle ich dir zwei Apps vor, die garantiert keine Malware sind und die Texteingabe erleichtern.
WICHTIG: Wenn du mehrere Tastaturen testest, sollten höchstens zwei aktiv sein. Zu viele aktive Tastatur-Apps verlangsamen dein Handy!
Wenn du von einem altmodischen Handy auf ein Smartphone umgestiegen bist, dann hast du dich eventuell bereits an die Tasten-Schreibweise mit einmal Drücken für A, zweimal drücken für B, dreimal für C und so weiter gewöhnt. Solche Tastaturen gibt es auch für Android. Eine der besten ist smart Keyboard. Mit ihr bekommst du also quasi die gleiche Tastatur wie bei einem klassischen Handy auf dem Touchscreen spendiert und dabei funktioniert auch die T9-Schreibweise, falls du dich damit auskennst. Smart Keyboard gibt es als gratis Testversion und als PRO-Variante für 2,37 Euro. Neben der eigentlichen Tastatur-App benötigst du auch die deutsche Erweiterung zum Keyboard.
Nach der Installation wechselst du zu den Einstellungen und wählst hier unter Tastaturen und Eingabemethoden das Smart Keyboard als Standard aus. Fehlt es zur Auswahl, musst du eine neue Tastatur hinzufügen und Smart Keyboard markieren.

Anschließend rufst du die Einstellungen des Keyboards auf, indem du in einer beliebigen App in ein Textfeld tippst und anschließend unten links beim Smart Keyboard die Taste ?123 gedrückt hältst.

In den Einstellungen wählst du zunächst Deutsch als Sprache aus (Sprache | Aktuelle Sprache | Deutsch (+äöü). Fehlt Deutsch in der Liste, musst du noch die App German for Smart Keyboard installieren! Anschließend wählst du in den Einstellungen der Tastatur-App den Eintrag Allgemeine Einstellungen aus und tippst auf Hochformat. Hier steht nun T9 zur Auswahl.

Im Anschluss kannst du mit dem Smart Keyboard genau so schreiben, wie du es von einem klassischen Handy her gewohnt bist, inklusive Wortvorschläge. Das Smart Keyboard bietet noch sehr, sehr viele Einstellungsmöglichkeiten, auf die ich hier nicht speziell eingehe!
Am wenigsten Fehler macht man erfahrungsgemäß dann, wenn man auch auf dem Touchscreen mit einem Stift oder mit dem Finger schreibt. Gibt es im Text keine Fehler, dann muss man daran auch nichts korrigieren ;-) Auch hier gibt es eine tolle App, bei der du deine Texte selbst schreiben kannst: Die Handschrifteneingabe von Google.

Du kannst darin mit deinem Finger oder einem speziellen Stift (gibt es bei Amazon für unter 1 Euro) schreiben. Allerdings ist das Setup der App als Tastatur nicht ganz trivial, die Google-App nimmt dich aber recht gut bei der Hand. Du musst nach dem ersten Start der App zunächst die Handschrifteneingabe aktivieren, anschließen lädt die App die Standardsprache herunter. Im dritten Schritt wählst du die Tastatur als Standard-Tastatur aus.


Falls du von der Handschrifteneingabe wieder zurück zur Standard-Tastatur möchtest, dann musst du dazu die Einstellungen öffnen. Hier findest du unter Sprache und Eingabe einen Eintrag „Standard“, der Deutsch – Google Handschrifteneingabe lautet. Einmal angetippt, kannst du wieder die gewohnte Tastatur-App auswählen.
Fazit
Android bietet bereits von Haus aus viele Möglichkeiten, um die Eingabe von Texten so einfach wie möglich zu machen. Mit ein paar zusätzlichen Apps geht es noch leichter und vor allem sicherer von der Hand. Wie immer gilt: Übung macht den Meister, also fleißig E-Mails verschicken, chatten und andere Texte schreiben, dann wird es zum Kinderspiel. Mit welchen Apps sich besonders gut chatten lässt, verrät der nächste Teil unserer Serie zu den besten Apps für Senioren und im Ruhestand.