8. Mai 2023
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Wir räumen gängige Akku-und Strom-Mythen auf!

Wenn sich um ein Thema keine Mythen ranken, ist es nicht interessant. Rund um Android ranken sich diverse Mythen, von denen dieser Artikel einige näher untersucht.

In jeder Geschichte steckt immer ein Körnchen Wahrheit. Auch rund um den Stromverbrauch ranken sich Mythen und Legenden. Wir zeigen Ihnen an welcher Akku-Story wirklich etwas dran ist.

GPS frisst viel Akku

Der GPS-Empfänger zieht bei Aktivität etwa 500 mW, im Stand-By jedoch nur noch etwa ein halbes Milliwatt. Zum Vergleich: Der Touchscreen verbraucht etwa 300 bis 1.500 mW, ein Download per WLAN circa 500 bis 1.200 mW. Sofern also keine App läuft, die ständig den aktuellen Standort abfragt, spart das Abschalten von GPS so gut wie keinen Strom. Hier handelt es sich also um eine Maßnahme, die man beim Thema "Akku-Sparen" getrost ignorieren kann.

Abbildung 1: GPS verbraucht nur dann Strom, wenn eine App die aktuelle Position ermitteln möchte.
Abbildung 1: GPS verbraucht nur dann Strom, wenn eine App die aktuelle Position ermitteln möchte.

2G ist sparsamer als 3G

An diesem zweiten Mythos ist ein wenig mehr dran – dennoch lässt sich die Aussage so allgemein nicht halten. Wahr oder falsch hängt hier sehr von Umfang und Häufigkeit der Datenübertragungen ab. Detailliert beschreibt dies ein Artikel bei Stackexchange [1]. Ein Blick auf die nackten Watt-Zahlen (siehe Tabelle "Stromverbrauch") scheint den Mythos zunächst zu bestätigen.

Stromverbrauch

  EDGE/GSM UMTS
Upload
Milestone 1179 mW 1410 mW
Galaxy S3 n. v. 1033 mW
Download
Milestone 853 mW 1349 mW
Galaxy S3 n. v. 1074 mW
Telefonat
Milestone 511 mW 983 mW
Galaxy S3 297 mW 637 mW
Standby
Milestone 11,6 mW 18,3 mW
Galaxy S3 9,5 mW 13,8 mW

UMTS-Datentransfers (3G) scheinen eindeutig mehr Strom zu verbrauchen als EDGE-Transfers (2G). Allerdings darf man nur die nackten Watt-Zahlen vergleichen, es muss auch die Dauer mit in die Rechnung aufgenommen werden.

Aufgrund der deutlich schlechteren Transferraten braucht der Upload einer größeren Datei sieben mal so lange wie mit UMTS. Bei Downloads ist der Vorteil von UMTS noch größer, hier funkt das Handy 30 mal so schnell. Das sind also die Zahlen, durch die obige UMTS Werte noch zu teilen wären. Die Standby-Werte können praktisch vernachlässigt werden.

Abbildung 2: UMTS braucht mehr Strom, dafür kann der Datenfunk aber auch schneller wieder schlafen.
Abbildung 2: UMTS braucht mehr Strom, dafür kann der Datenfunk aber auch schneller wieder schlafen.

Anders sieht es bei Telefonaten aus: Egal ob 2G oder 3G, man fasst sich beim Telefonieren ja nicht kürzer. Und natürlich muss auch die Empfangsqualität in Betracht gezogen werden: Bei schlechtem Signal erhöht sich der Stromverbrauch deutlich. Die Transferraten sinken und bei Telefonaten können Verständigungsprobleme durch Aussetzer und Knistern zu längeren Gesprächszeiten aufgrund erforderlicher Rückfragen führen.

Zusammengefasst: Was sparsamer ist, hängt von Nutzungsverhalten und Netzqualität ab. Wer keine oder nur wenig Daten überträgt, spart im 2G-Modus tatsächlich Akku. Bei häufigen oder größeren Datentransfers und wenig Telefonaten liegt man allerdings mit 3G besser – vorausgesetzt, das Netz spielt mit.

Auto-Toggle auf 2G bei Screen-Off spart Akku

Analog zum vorigen Mythos stimmt auch dies nur bedingt. Da 2G und 3G verschiedene Frequenzbänder nutzen, kostet das Umschalten zusätzlich Energie. Wird etwa mit Tasker [2] häufig hin und her geschaltet, ist das eher kontra-produktiv. Bleibt jedoch der Bildschirm nach dem Abschalten im Regelfall länger aus, und im Hintergrund laufen auch keine großartigen Daten-Transfers (siehe voriger Punkt), ließe sich auf diese Weise durchaus Akku sparen.

Abbildung 3: Mit Tasker ließe sich der automatische Wechsel zwischen 2G und 3G bewerkstelligen.
Abbildung 3: Mit Tasker ließe sich der automatische Wechsel zwischen 2G und 3G bewerkstelligen.

Fast Dormancy frisst den Akku

Obwohl zahlreiche Foren-Beiträge dies zu bestätigen scheinen, ist die Aussage so definitiv nicht korrekt. Denn bei "Fast Dormancy" handelt es sich eigentlich um einen Stromspar-Automatismus während des UMTS-Funks, wie ein Artikel bei Android-Hilfe.de [3] recht anschaulich beschreibt: Ziel ist es dabei, nach einem abgeschlossenen Daten-Transfer recht schnell wieder in einen stromsparenderen Modus zu wechseln.

UMTS kennt hier mehrere verschiedene Zustände, die sich sowohl in verfügbarem Funktionsumfang, Reaktionsgeschwindigkeit, als auch Energieverbrauch unterscheiden. Der sparsamste Zustand nennt sich IDLE, und ist nichts weiter als ein Bereitschafts-Modus während dessen kein Datentransfer stattfindet.

Abbildung 4: Im Play Store finden sich Root-Apps, die Einfluss auf die Fast-Dormancy-Werte nehmen.
Abbildung 4: Im Play Store finden sich Root-Apps, die Einfluss auf die Fast-Dormancy-Werte nehmen.

Um in einen Zustand zu wechseln, in dem wieder Daten übertragen werden können, braucht es zzum Teil relativ lange. oft bis zu 2,5 Sekunden. Da diese Reaktionszeit nicht immer zumutbar ist, gibt es einen verbesserten Ruhezustand (PCH), der nur unwesentlich mehr Energie benötigt. Auch hier ist kein Datentransfer möglich; der Wechsel in einen entsprechenden Zustand erfolgt mit etwa 0,5 Sekunden jedoch wesentlich schneller.

Begrenzter Datentransfer ist im dritten Modus (FACH) möglich. Dieser benötigt allerdings bereits etwa 50 mal so viel Energie wie IDLE. Volle Transferleistung gibt es dann im Modus DCH bei einem etwa hundertfachem Energiebedarf. Da auch das Schalten zwischen den einzelnen Modi einiges an Signalisierungsaufwand (und somit Energieverbrauch) bedeutet, ist hier ein ausgeklügelter Mechanismus zur Verwaltung nötig.

Der oftmals berichtete höhere Stromverbrauch ist eher auf Fehler bei der Implementierung (bzw. sich darauf auswirkende Bugs in der Firmware des jeweiligen Gerätes) zurückzuführen. Bevor man hier also in "blinden Aktionismus" verfällt, empfiehlt es sich, zunächst die Hintergründe zu eruieren. Der genannte Artikel ist dafür ein guter Startpunkt. Ein weiterer, technischer Artikel mit grafischer Veranschaulichung findet sich bei Ajusady.Com [4].

Task-Killer verlängern Akku-Laufzeit

Diesem Thema widmete sich Android User erst kürzlich ausführlich in Ausgabe 9/2013 [5]. Task-Killer sind keinesfalls ein Allheilmittel zur Verlängerung der Akku-Laufzeit. Das ist auch gar nicht ihre Aufgabe – denn um die Ressourcen kümmert sich das Android-System selber sehr gut. So lange die Apps auch spuren. Eine schlecht programmierte App – oder ein sich in eine theoretisch gut programmierte App eingeschlichener Bug – können ihm dabei jedoch durchaus einen Strich durch die Rechnung machen: Hat sich eine solche App "festgefressen", ist in der Tat ein Task-Killer angesagt.

Abbildung 5: Task-Killer bewirken oft das Gegenteil, von dem was man sich von ihnen erhofft.
Abbildung 5: Task-Killer bewirken oft das Gegenteil, von dem was man sich von ihnen erhofft.

Nicht geeignet sind Task-Killer jedoch zur "allgemeinen Speicher-Bereinigung": Ungenutzter Speicher ist nutzlos. Android versucht, den Speicher daher möglichst bis ins letzte Byte zu füllen: Als Cache für Apps, Daten, Dateien und mehr. Wird zusätzlicher Speicher benötigt, räumt das System automatisch weniger sinnvolle Inhalte aus.

Das manuelle "KillAll" geht auch aus anderen gründen oftmals "nach hinten los". Etliche Apps (und insbesondere Dienste) starten sich nämlich nach einem solchen sofort neu. Damit muss der Speicher neu initialisiert, die App und ihre Daten neu geladen, und der von der App gewünschte Betriebszustand wieder hergestellt werden – was weit mehr Resourcen verbraucht, als hätte Sie sie gleich gewähren lassen.

Setzen Sie daher Task-Killer gezielt und mit Bedacht ein. Ein "Chuck-Norris-Modus" ist hier alles andere als angesagt.

Akku-Kalibration: Löschen der batterystats.bin hilft

Dies ist einer der ältesten Android-Mythen, der sich trotz zahlloser Aufklärungs-Versuche hartnäckig hält. Was sicher nicht zuletzt am leicht irreführenden Namen der Datei batterystats.bin liegt – die mitnichten Daten des Akkus enthält. Ein Artikel bei den XDA-Developers [6] zitiert dazu die Google-Entwicklerin Dianne Hackborn: "It has no impact on the current battery level shown to you. It has no impact on your battery life". Auf Deutsch: Die Datei hat keinen Einfluss auf die Batterieanzeige, und auch nicht auf die Akku-Laufzeit. Sie enthält nichts weiter als Informationen über die Akkuverbraucher, also welche Apps in welchem Zeitraum wie viel "am Akku gelutscht" haben.

Abbildung 6: Die Datei batterystats.bin enthält keine Informationen über den Handy-Akku selber.
Abbildung 6: Die Datei batterystats.bin enthält keine Informationen über den Handy-Akku selber.

Was die Kalibrierung des Akkus betrifft: Die erfolgt ganz einfach, indem Sie den Ladezustand zunächst möglichst niedrig fallen lassen, und sodann in einem Rutsch wieder auf 100 Prozent aufladen. Vermeiden Sie dabei Tief-Entladungen, spätestens wenn das Handy Sie vor einem zu leeren Akku warnt, hängen Sie es an den Strom, was im Alltag eigentlich fast automatisch passiert.

Wie oft sollten Sie nun den Akku "Kalibrieren"? Diesem Thema widmet sich unter Anderem ein Artikel bei Stackexchange [7]. Kurz zusammengefasst: Keinesfalls öfter als einmal im Monat – alle drei Monate sollte völlig ausreichend sein. Und seien wir einmal ehrlich: In diesem Zeitraum passiert es fast jedem von uns irgendwann von selbst, dass der Ladestand des Akkus die 20-Prozent-Marke unterschreitet. Einfach nur daran denken, ihn dann in einem Rutsch und ohne Unterbrechungen wieder auf 100 Prozent zu laden – und man muss keinen Gedanken an die "Akku-Kalibrierung" verschwenden.


Infos

  1. 2G versus 3G: Does it really save battery?: http://android.stackexchange.com/q/44628/16575
  2. Tasker: https://play.google.com/store/apps/details?id=net.dinglisch.android.taskerm
  3. Was ist Fast Dormacy?: http://www.android-hilfe.de/samsung-galaxy-s3-i9300-forum/266535-info-fast-dormacy.html
  4. Fast Dormancy explained: http://www.ajusady.com/2012/08/lets-talk-about-fast-dormancy.html
  5. Sieben Task-Killer Apps im Test: Carsten Müller, "Killer-Apps", Android User 09/2012, S. 20, https://www.android-user.de/Magazin/Archiv/2013/09/7-Task-Killer-Apps-im-Test
  6. Google Engineer Debunks Myth: Wiping Battery Stats Does Not Improve Battery Life: http://www.xda-developers.com/android/google-engineer-debunks-myth-wiping-battery-stats-does-not-improve-battery-life/
  7. How frequently is it okay to let the battery discharge fully or as low as possible?: http://android.stackexchange.com/q/33704/16575

2 Kommentare

  1. Zu GPS frisst Accu:
    Wie muss ich die Aussage „Sofern also keine App läuft, die ständig den aktuellen Standort abfragt, spart das Abschalten von GPS so gut wie keinen Strom“ im Zusammenhang mit der CoronaApp verstehen? Diese läuft doch ständig. Mein Accu ist jedenfalls neuerdings ständig leer.

    • Hallo Gerhard, schau mal in den Einstellungen unter Akku -> Akkuverbrauch/Akkunutzung (Klick auf die drei Punkte oben rechts, falls die Option nicht angezeigt wird). Hier wird angezeigt, welche App dir gerade am Akku saugt. Ebenfalls kannst du unter Apps -> Corona Warn-App sehen, welche Berechtigungen die App hat, wieviel Akku sie verbraucht hat usw. Somit kannst du schnell ausschließen, dass es sich beim Akku-Fresser um die App handelt. (Auch andere vielgenutzte Apps wie zum Beispiel WhatsApp u.a. haben je nach Einstellung ständig Zugriff auf den Standort/GPS, es kann jedoch angegeben werden, dass der Standortzugriff nur dann aktiv ist, während die App genutzt wird). Ich selbst habe Standort und Bluetooth ständig aktiviert (aufgrund des Fitnesstrackers) und bemerke keine Veränderung am Akkuverbrauch. Je nach Nutzung muss mein Gerät 1-2 mal tägl. an die Ladestation. Das kann jedoch auch von Smartphone zu Smartphone verschieden sein. Die Corona-App läuft ständig und benötigt nur unter Android bei der Einrichtung den Standortzugriff, damit Bluetooth LE funktioniert (ist ein Überbleibsel aus vorherigen Android-Versionen, Google hat Bluetooth und Standort miteinander verknüpft) „Die Stand­ort­ermitt­lung Ihres Smartphones muss akti­viert sein, damit Ihr Gerät nach Bluetooth-Signalen anderer Smartphones sucht. Stand­ortdaten werden dabei jedoch nicht erhoben.“ Die Ortung auf deinem Smartphone ist über GPS, Bluetooth, WLAN-Netze und mobile Daten möglich. Die Aussage im Artikel: Du nutzt z.B. Google Maps -> Standort aktiviert, App läuft im Vordergrund -> Akku entleert sich relativ zügig. Du hast GPS „einfach so“ aktiviert -> es wird nicht viel am Akkuverbrauch machen.

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