
HTC hat heute das One A9 mit 5-Zoll-Display, Snapdragon 617 Prozessor und Android 6.0 gestellt. Es ist in Europa das erste Smartphone, das mit Marshmallow auf dem Markt kommt. Ob es HTC gelingen wird, mit dem HTC One A9 wieder zurück zur Android-Spitze zu kehren? Unser erster Eindruck verrät es dir!
Es war keine typische Präsentation, die uns heute der USA-Chef von HTC, Jason Mackenzie, lieferte. Sie erinnerte mich eher an eine Sportreportage, während der der Reporter die Pause überbrücken muss. Und ohne einen Blick auf den Börsenkurs von HTC geworfen zu haben, kann ich mir denken, dass die Aktie noch während der Show um ein paar Cent nachgegeben hat.
Doch zurück zum HTC One A9: Das Smartphone ist durch und durch HTC. Es spricht die typische Designsprache, die HTC seit dem HTC One M7 verfolgt und wäre es aus Plastik, dann würde des dem Desire 820 zum Verwechseln ähnlich sehen. Aber es ist kein Desire-Gerät, sondern gehört zur One-Serie und ist somit komplett aus einem Alu-Gehäuse im gewohnter Unibody-Manier. Ähnlichkeiten mit dem iPhone sind vielleicht nicht ganz purer Zufall, in Echt sieht das One A9 aber ganz anders aus als eine iPhone-Kopie. Es fühlt sich auch anders an: leichter und geschmeidiger.

Mittelmäßige Specs
Für alle, die mit einem Flaggschiff gerechnet haben, sind die Specs des neuen HTC One A9 enttäuschend: Es ist nur ein Snapdragon 617, das 5-Zoll-Display nur Full-HD, es besitzt nur 16 GByte Speicher, die Kamera schießt lediglich mit 13 Megapixeln und 2 GByte RAM gelten heutzutage auch nicht mehr als Besonderheit. Von 4K-Videos, NFC, USB Type C oder Drahtlosladen ganz zu schweigen. Alleine von den Specs her muss man also sagen: 350 Euro, mehr nicht. Doch gute Specs machen noch kein Highend-Smartphone und mittelmäßige Specs müssen keinen Grund dafür sein, dass ein Handy nicht doch etwas besser sein kann. Fakt ist: die vorinstallierte Android 6.0 Software mit Sense 7.0 läuft absolut flüssig, das 5-Zoll-Display zeigt brillante Farben und ist super scharf und die Kamera macht dank optischem Bildstabilisator und BSI-Sensor gute Fotos. Erstklassig ist das neue One M7 definitiv nicht. Enttäuschend zudem der Akku: Auch wenn Android 6.0 besser Strom spart, heutzutage einen 2150-mAh-Akku zu verbauen, ist schon fast eine Frechheit.

Erstes Marshmallow-Gerät
HTC hat gute Chancen, in Deutschland als erstes Marshmallow-Smartphone überhaupt auf den Markt zu kommen. Denn aktuell sind die beiden neuen Nexus-Geräte Nexus P6 und X5 noch nicht einmal vorbestellbar, geschweige denn lieferbar. Wenn sich Huawei und LG also nicht sputen und Anfang November auf den Markt kommen, dann ist HTC mit dem One A9 schneller. Es wird definitiv in der ersten Novemberwoche verfügbar sein, der für die DACH-Region zuständige Country Manager Eric Matthes sprach sogar vom 2. November.

Das HTC One A9 hat noch zwei weitere Asse für Nexus-Fans im Ärmel: so gleicht die vorinstallierte Software der Google-Version von Android recht stark, und das One A9 soll spätestens 15 Tage nach dem Release einer neuen Android-Version ebenfalls mit dem Update versorgt werden. Dieses Versprechen gilt allerdings nur für die Developer Edition mit entsperrtem Bootloader, die ziemlich sicher nur in den USA auf den Markt kommen wird. HTC weist aber darauf hin, dass auch die normalen Varianten des HTC One A9 sehr schnell mit den Software-Updates rechnen können. Wer also sein A9 nicht bei der Telekom, Vodafone oder O²/eplus kauft, der kann mit zügigen Updates rechnen. Wie lange HTC die Updates anbietet, konnte/wollte man uns nicht sagen. Länger als Google wohl kaum.
Erster Eindruck der Kamera
Das One A9 hat eine 13-Megapixel-Kamera mit f/2.0-Blende, BSI-Sensor und optischem Bildstabilisator verbaut. Wie bei allen Smartphones steht und fällt die Qualität der verbauten Optik mit der Kamera-App und der Kamera-Software. Hier hat HTC recht viel Energie investiert und präsentiert mit dem One A9 eine Timelapse-Funktion, wie wir sie von Microsoft Hyperlapse her kennen. Also mit sehr guter Bildstabilisierung und Zeitraffer. Damit lassen sich in der Tat sehr coole Clips im Stil von Charlie Chaplin oder Oli & Stan erstellen. Das ist aber mehr ein nettes Gimmick, mehr nicht.

Gut gelöst hat HTC hingegen den RAW-Support-Modus: schaltet man die Kamera in den RAW-Modus, dann nimmt das A9 automatisch im RAW-Format auf. Die so geschossenen Bilder lassen sich zudem auf Knopfdruck verbessern, was bei unterbelichteten Fotos doch einiges bewirkt. HTC macht somit das Fotografieren im RAW-Format zum Kinderspiel, das ist schon mal nicht schlecht.
Positiv aufgefallen ist der schnelle und präzise Autofokus, negativ der mangelnde 4K-Support. Das ist schlicht nicht zeitgemäß für ein Smartphone über 50O Euro. Dafür bietet der Snapdragon 617 schlicht zu wenig Power. Ob die Kamera von der Bildqualität her an die neuen Nexus-Geräte, das G4 von LG oder die Top-Modelle von Samsung herankommt, das müssen wir erst noch genauer testen.
Fazit
So wie ein Sportreporter „egal wie, mach einfach!“ die Pause bei einem Spiel überbrücken muss, so muss jetzt auch HTC die aktuelle Durststrecke überbrücken. Mein Nexus 5 hat abgesehen vom Chipsatz praktisch gleich gute Specs wie das neue HTC One A9, läuft schon mit Marshmallow und kostet bei Amazon 315 Euro. Einzig ein MicroSD-Slot fehlt ihm im direkten Vergleich, dafür ist der Akku mit 2300 mAh etwas größer. Warum in aller Welt sollte sich also jemand das HTC One A9 für 579 Euro UVP holen?
„Das HTC One A9 ist das Android-Smartphone, das sich viele Nutzer schon lange wünschen!“
Doch die wenigsten Kunden entscheiden sich rational für ein Smartphone (sonst würde niemand ein iPhone kaufen), sondern via „Liebe auf den ersten Blick“. Und hier könnte die Rechnung von HTC aufgehen: Denn das HTC One A9 ist das Android-Smartphone, das sich viele Nutzer schon längst wünschen. Es ist optisch genauso schön wie ein iPhone, aber mit Android 6.0 an Bord. Der Preis wird bis zu Weihnachten garantiert stark nachlassen, denn in den USA wandert das Gerät für 399 Dollar über die Theke! Zu diesem Preis in Euro könnte ich mir sogar einen Umstieg vom Nexus 5 auf das neue HTC-Smartphone vorstellen. Bleibt es bei über 500 Euro, dann wird das Nexus 5X sein Nachfolger.
