19. September 2023
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Settop-Boxen mit Enigma unter Android nutzen

Während die Anzahl verkaufter TV-Receiver insgesamt sinkt, weil die meisten TV-Geräte mit einem Triple-Tuner bestückt sind, wächst das Interesse an höherwertigen Settop-Boxen. Davon basieren viele auf dem Linux-System Enigma und arbeiten auch mit Android zusammen.

Settop-Boxen sind Receiver für Satelliten-, Kabel- oder Internetempfang, die zusätzlich umfangreiche Zusatzfunktionen für Videos, Bilder, Musik und Internet mitbringen. Diese Multimediazentralen werden von den Herstellern immer häufiger mit der auf Linux basierenden offenen Firmware „Enigma“ ausgeliefert. Und das wiederum rief Android-Programmierer auf den Plan. Die so entstandenen Apps erleichtern nicht nur die Bedienung dieser Boxen, sondern eröffnen immer wieder neue Anwendungsmöglichkeiten. Dieser Artikel stellt die wichtigsten dieser Apps vor und vergleicht sie miteinander.

Was ist Enigma?

Mittlerweile gibt es mehr als ein Dutzend Firmen, die ihre Settop-Boxen (STB) mit der Enigma-Firmware ausliefern (die bekanntesten sind Dreambox und vu+), Tendenz steigend. Der Name „Enigma“ wurde im 2. Weltkrieg für eine Maschine benutzt, die das deutsche Militär zur Verschlüsselung des Nachrichtenverkehrs verwendete. Also könnte man auf den Gedanken kommen, dass es diese Firmware ermöglicht, Bezahlfernsehen ohne Abo zu schauen. Doch ohne offizielle Karte von Sky oder HD+ bleibt der Bildschirm schwarz. Doch ist es mit der genannten Firmware möglich, Restriktionen wie Aufnahmesperren und blockierten schnellen Vorlauf zum Überspringen der Werbung zu umgehen. Dabei bewegt man sich wohl in einer rechtlichen Grauzone. Ein großer Vorteil der Enigma-Firmware ist, dass der Quellcode öffentlich zugänglich ist und zahlreiche Programmierer ständig unentgeltlich an der Weiterentwicklung arbeiten. Ihre Box bleibt immer auf dem neuesten Stand der Technik.

Wie mit jedem Fernsehgerät können Sie auch mit Enigma den Elektronischen Prorammführer (EPG) aufrufen. Die meisten Settop-Boxen erlauben zudem, Aufnahmen zu programmieren und Filme im heimischen Netz oder sogar über das Internet zu streamen. Doch nun zu den Android-Apps. Die Reihenfolge in diesem Test stellt keine Wertung dar, sondern erfolgte alphabetisch.

AndroidDreamer

AndroidDreamer [1] ist ein einfaches Programm zum Streamen von TV-Inhalten. Die Einrichtung ist unkompliziert, beim Testen funktionierte das Streamen auf Anhieb. Der Autor betont, dass seine App sich noch in der Betaphase befindet. Das erklärt auch den geringen Funktionsumfang. Da der Autor zwischenzeitlich neue Apps programmiert hat, in denen sich Bestandteile von AndroidDreamer befinden, ist es eher unwahrscheinlich, dass er diese App noch weiterentwickelt.

Abbildung 1: Die Einstellungen von AndroidDreamer erfordern etwas Fachwissen.
Abbildung 1: Die Einstellungen von AndroidDreamer erfordern etwas Fachwissen.

DAC – Dreambox Air Control

DAC – Dreambox Air Control [2] ist in Adobe Flash entwickelt und benötigt darum zusätzlich die kostenlose Adobe Air Runtime. Die App kostet 2,99 Euro. Die Erfahrungsberichte der Nutzer im Google Play Store zeigen, dass viele Anwender Schwierigkeiten mit der Konfiguration haben. Uns ging es nicht anders, erst nach einigen Anläufen gelang eine stabile Verbindung. Anschließend ließen sich viele Funktionen der STB steuern. Unverständlich bleibt, dass keine Free-Version angeboten wird und warum diese eigentlich tolle App nicht mehr weiterentwickelt wird. Das letzte Update war im November 2011.

Abbildung 2: Dreambox Air Control bietet eine komplette Fernbedienung fürs Handy.
Abbildung 2: Dreambox Air Control bietet eine komplette Fernbedienung fürs Handy.

dream EPG

Beim ersten Aufruf von dream EPG [3] erwartet Sie ein Assistent, der bei der Konfiguration Ihrer Box behilflich ist. Eine gute Idee des Autors ist die Möglichkeit, diesen Assistenten erneut aus der Anwendung heraus über das Menü Einstellungen | Assistent zu starten. dream EPG ist für Einsteiger geeignet, bietet aber auch für Poweruser diverse Möglichkeiten. Die App zeigt die EPG-Programmvorschau sehr übersichtlich in einer Timeline, auf Wunsch auch mit Primetime. Es fällt auf, dass es sehr umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten gibt. So kann die Optik verändert werden (Weiß auf Schwarz oder umgekehrt), es wird eine automatische Aktualisierung der EPG-Daten angeboten, und es kann für Aufnahmen ein automatischer Vor- und Nachlauf bestimmt werden, um kleine Zeitverschiebungen des TV-Programms abzufangen. Eine Verbindung zur Filmdatenbank IMDb liefert zusätzliche Informationen zu den Spielfilmen. Der Autor arbeitet sehr intensiv an Verbesserungen und Erweiterungen. In den zahlreichen Updates entdeckt man häufig neue Features. Anfragen per Mail werden schnell beantwortet. Die Premiumversion [4] kostet 6,99 Euro.

Abbildung 3: dream EPG zeigt sich bereits im Android-4-Stil mit gut erklärten Einstellungen.
Abbildung 3: dream EPG zeigt sich bereits im Android-4-Stil mit gut erklärten Einstellungen.
Abbildung 4: Die Timeline von dream EPG bietet eine tolle Programmübersicht.
Abbildung 4: Die Timeline von dream EPG bietet eine tolle Programmübersicht.

dreamDroid

Der Entwickler von dreamDroid [5] betont, dass seine App nur bei „echten“ Dreamboxen funktioniert. Auf unserer Testbox „Vu+ Duo“ arbeitete die App aber tadellos. Sehr angenehm für den Anwender ist es, dass er die Wahl zwischen zwei Fernbedienungen hat. Mit der größeren von beiden lässt sich die Box auch konfigurieren, während die kleinere sehr übersichtlich ist und für den normalen Betrieb völlig ausreicht.

Es fällt auf, dass diese App sich in der Entwicklung befindet, da wiederholt neue Updates im Google Play Store eingestellt werden. Die Erfahrungsberichte der Anwender zeigen, dass diese Verbesserungen gern angenommen werden und schon jetzt ein weitgehend stabiler Betrieb möglich ist.

Abbildung 5: Bei dreamDroid haben sich die Entwickler für eine schlichte Fernbedienung entschieden.
Abbildung 5: Bei dreamDroid haben sich die Entwickler für eine schlichte Fernbedienung entschieden.

DreamStreamoid

Bei der Einrichtung von DreamStreamoid [6] muss man zunächst ein oder mehrere Profile anlegen. Die Eingabemaske ist ein wenig unübersichtlich. So fehlt ein Button zum Speichern des Profils. Ehe man sich lange herumquält und letztendlich doch nicht fehlerfrei bleibt, sollte man auf die Homepage des Entwicklers gehen. Dort finden Sie neben dem Vergleich der beiden Pro-Versionen und der Free-Version auch eine Konfigurationsanleitung, die durch den Einsatz von Screenshots sehr anschaulich ist. Selbst die Konfiguration des Routers wird beschrieben. Die Profile mit Google Drive zu synchronisieren, ist eine gute Option, aber leider erst ab Android 4.0 möglich. Die Konfiguration verlässt man mit der Entertaste. Wenn nach Aufruf des eingerichteten Profils und einem kurzen Klick auf „Favoriten“ die Sender mit EPG (Multi-EPG nur in den Pro-Versionen) auf dem Smartphone erscheinen, haben Sie alles richtig gemacht.

Abbildung 6: Dank EPG erhalten Sie bei DreamStreamoid Pro eine komplette Vorschau auf die Sendungen.
Abbildung 6: Dank EPG erhalten Sie bei DreamStreamoid Pro eine komplette Vorschau auf die Sendungen.

Der Autor realisiert das Streaming vorzugsweise über den VLC-Player. Dazu ist eine umfangreiche Konfiguration notwendig. Aber auch andere externe Player können ohne große Konfiguration eingesetzt werden. DreamStreamoid ist insgesamt eine gute Wahl. Die Pro-Version [7] ist ihre 2,22 Euro wert.

Enigma Signal Meter – SatFinder

Diese App [8] ist ein hervorragender Helfer bei der Ausrichtung von Sat-Schüsseln. Allerdings sind die deutschen Erklärungen offenbar mit einem Computerprogramm übersetzt worden und somit kaum verständlich: „Nicht in der Lage sein, Verpflichtungen laden. Nur zeigt heruntergeladene Elemente.“ Auf solch eine Anleitung verzichtet man gern. Folgende Signaleigenschaften werden angezeigt:

  • SNR: Signal to Noise (Signal-Rausch-Abstand)
  • dB: Signalstärke
  • BER: Bit Err Rate (Bitfehlerhäufigkeit), sollte immer null sein
  • AGC: Automatic Gain Controll (automatische Verstärkungsregelung)

Mit dem Enigma Signal Meter lässt sich fast immer die Ausrichtung der Sat-Schüssel verbessern, sodass man auch bei ungünstigen Wetterlagen genügend Reserven für ein stabiles Bild hat.

Abbildung 7: Die App Enigma Signal Meter hilft beim Setup der TV-Box und der Kanalsuche.
Abbildung 7: Die App Enigma Signal Meter hilft beim Setup der TV-Box und der Kanalsuche.

Enigmanoid Free

Die Oberfläche von Enigmanoid Free ist einfach, aber auch recht farblos und hat kaum grafische Elemente. In der Gratisversion [9] sind einige Funktionen nur eingeschränkt nutzbar. So wird bei der durchaus nützlichen Anzeige von eingehenden Anrufen die Telefonnummer des Anrufers nicht auf dem TV-Gerät angezeigt und stattdessen auf die Kaufversion für 2,99 Euro [10] verwiesen. Die Anwendung läuft stabil. Streamen ist leider nicht möglich. Schade, dass der Autor schon längere Zeit keine Updates mehr anbietet. Viele User beschweren sich darüber, dass ein Support praktisch nicht stattfindet.

Abbildung 8: Enigmanoid zeigt Ihnen eine Liste der aufgenommenen Sendungen an.
Abbildung 8: Enigmanoid zeigt Ihnen eine Liste der aufgenommenen Sendungen an.

Vu+ Player

Der Vu+ Player [11] macht einen ausgereiften Eindruck. Der Autor hatte Mut zur Farbe! Nach dem Start der App gibt es sechs Auswahlmöglichkeiten: Services mit Sendern und EPG, Settings mit Einstellungen des Netzwerks, Movies mit der Auflistung aller Aufnahmen, Timer mit allen aktiven Aufnahmeprogrammierungen, Controls mit vier Fernbedienungen und Extra mit ein paar Sonderfunktionen wie Screenshot und Signalstärke. An die Navigation hat man sich schnell gewöhnt, alle Verzweigungen sind zweckmäßig und logisch aufgebaut. So kann man aus der EPG-Darstellung heraus die Aufnahme programmieren oder eine Verbindung zur Filmdatenbank IMDb aufbauen. Die vier Fernbedienungen sind thematisch geordnet. Wenn man aufgezeichnete Filme schaut, wählt man die Fernbedienung „Play“ und sieht nur die Tasten, die für diese Funktion benötigt werden.

Abbildung 9: Sehr bunt und leicht im Windows-Phone-Stil kommt die Fernbedienung von Vu+ daher.
Abbildung 9: Sehr bunt und leicht im Windows-Phone-Stil kommt die Fernbedienung von Vu+ daher.

Nur für Profis

Bei der Einrichtung der vorgestellten Apps sind Netzwerkkenntnisse von Vorteil. Da der Internetprovider die IP-Adresse Ihres DSL-Anschlusses täglich ändert, muss man die Dienste eines DynDNS-Dienstes in Anspruch nehmen. Nur dann erreichen Sie ihr heimisches Netzwerk von außen unter einer festen Internetadresse. Mitunter müssen im eigenen Router Ports weitergeleitet werden. Vergessen Sie nicht, Ihre Settop-Box durch ein sicheres Passwort zu schützen, da sonst die Gefahr besteht, dass irgendjemand mit Ihrer Box Verbindung aufnimmt und Schaden anrichtet. Auch wenn das Streamen von TV-Programmen über das Internet eine sehr verlockende Anwendung ist, sind die Ergebnisse in der Praxis oft unbefriedigend. Ein ruckelfreies Bild bekommt man nur dann, wenn auf Senderseite (im allgemeinen die eigene Wohnung) eine hohe Upload- und auf Empfängerseite (Ihr Androidgerät irgendwo auf der Welt) eine hohe Downloadgeschwindigkeit zur Verfügung stehen. Sonst bleibt das Internet-Streamen oft ohne Erfolg. Doch die Entwickler arbeiten bereits an einer neuen Anwendung. Spezielle Chips machen es möglich: Transcoding heißt das Zauberwort. Damit soll man auch bei kleineren Up- und Downloadgeschwindigkeiten stabil streamen können. So stabil, wie es im eigenen WLAN schon jetzt möglich ist.

Fazit

Es fällt schwer, sich für eine der vorgestellten Apps zu entscheiden. Auch wenn Dream EPG Premium relativ teuer ist, lohnt sich der Kauf, da der Programmierer der App einen hervorragenden Support bietet. Möchten Sie kein Geld ausgeben, stellt der Vu+ Player eine gute Alternative dar.

Marcel Hilzinger
Marcel Hilzinger
Ich bin Marcel und Gründer von Android User. Unsere Webseite existiert nun bereits seit dem Jahr 2011. Hier findest du eine Vielzahl von Artikeln rund um das Thema Android.

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