Vor allem ältere Smartphones und Tablets haben bisweilen mit Performanceproblemen zu kämpfen. Wir geben Ihnen ein paar Tipps, wie Sie die Geschwindigkeit Ihres Android-Systems erhöhen können.
Für diesen Artikel haben wir ein betagtes Samsung Galaxy Note der ersten Generation und ein HTC Desire C reaktiviert. Während das Desire C noch nie wirklich schnell war, gehörte das erste Note mit einer 1,4-GHz-Dualcore-CPU und 1 GByte Arbeitsspeicher vor drei Jahren zur absoluten Oberliga der Leistungssportler. Der aktuelle Nachfolger kommt heute für einen deutlich flotteren Hürdenlauf mit einem 2,4 GHz schnellen Quad-Core-Chip und 3 GByte RAM daher.
Was vor drei Jahren kaum vorstellbar schien, ist heute Realität: Die einstmals so schnellen Geräte schwächeln – nicht immer, aber immer häufiger. Auch Ihr Smartphone oder Tablet hakt gelegentlich? Der Start von Apps und manch ein Seitenwechsel im Browser dauert spürbar länger? Das Scrollen durch Listen läuft nicht mehr ohne Ruckeln und Verzögerungen, und sogar die Texteingabe erfolgt nicht immer flüssig? Ursache muss nicht allein das Alter Ihres Geräts oder fehlende Hardwarepower sein.
Neustart oder Zurücksetzen?
Falls Sie Ihr strapaziertes Gerät schon eine Weile nicht mehr neu gestartet haben, sollten Sie dies zunächst tun – auch um die nachfolgenden Arbeiten leichter von der Hand gehen zu lassen. Wenn Sie danach reinen Tisch machen wollen und auch einen größeren Aufwand nicht scheuen, ziehen Sie statt eines einfachen Neustarts gleich ein Zurücksetzen in den Werkszustand in Erwägung.
Im Baujargon wäre das mit einem Neubau vergleichbar. Während ein Neustart schnell durch den längeren Druck auf den Power-Button eingeleitet wird, erfolgt der zuletzt genannte Reset je nach Gerät über die Einstellungen unter Sichern und Zurücksetzen beziehungsweise über Speicher | Auf Werkszustand zurück. Eine Sicherung Ihrer persönlichen Daten, Fotos und Dokumente ist generell ratsam, im Falle des Zurücksetzens aber ein Muss! Beim Reset gehen alle Daten verloren!
Der Installationsassistent wird nach dem Zurücksetzen die Accountdaten verschiedener Konten abfragen. Falls Sie nicht sicher sind, ob Sie Dropbox-, Flipboard-, Samsung-Konto und ähnliche Beigaben und Konten des Herstellers oder Providers wirklich brauchen, überspringen Sie diese Fragen zunächst. Bei Bedarf können Sie sie über die Einstellungen auch nachträglich noch einrichten.
Auf das Google-Konto werden Sie in den wenigsten Fällen verzichten können oder wollen. Deaktivieren Sie aber besser die Vorgabe bei „Ich möchte Neuigkeiten und Angebote zu Google Play erhalten“ – Werbung bekommen Sie wahrscheinlich ohnehin schon genug. Leider beginnt die Synchronisation der immer zahlreicher werdenden Google-Sparten unmittelbar, nachdem Sie den Zugangsnamen und das Passwort bestätigt haben. Neben den App-Daten und Gmail werden auch Google Fotos, Play Books, Movies, Music, Browser, Kalender und Kontakte sowie Picasa-Webalben unverzüglich synchronisiert.
Ob Sie alle Funktionen jemals genutzt haben oder die Daten auf Ihrem Smartphone überhaupt speichern wollen, interessiert Google nicht, sollte Ihnen aber wichtig sein. Wenn Sie Einfluss auf Import und künftige Synchronisationsversuche nehmen wollen, gehen Sie unverzüglich in die Konteneinstellungen. Öffnen Sie dort das Google-Register, und tippen Sie auf Ihre Zugangsadresse. Hier können Sie nun selbst entscheiden, ob Sie zum Beispiel Ihre alten Picasa-Alben auf das Gerät spielen wollen. Diese können Sie zwar später ausblenden, werden sie aber nur schwerlich wieder los.
Wenn Sie Google+ nutzen, überlegen Sie es sich, ob Sie in der gleichnamigen App die Synchronisationsoption mit Ihren Android-Kontakten wirklich aktiviert lassen. In der nachfolgenden Maske empfehlen wir, den Sofort-Upload von Fotos zu Ihrem Google+-Album zu unterbinden. Andernfalls werden alle Ihre Aufnahmen ständig auf den Google-Server hochgeladen. Das erfolgt – je nach Einstellung – sogar, wenn Sie nur eine Mobilfunkverbindung haben.
Alternative Launcher
Die gefühlte Geschwindigkeit des Handys hängt oft direkt mit der Performance der Startbildschirme bzw. Homescreens zusammen – der Wechsel auf den Handydesktop muss flutschen! Glücklicherweise erlaubt Android, diese gegen Alternativen auszutauschen. Im Play Store finden Sie Dutzende Homescreen-Apps, die gerade auf älteren Handys oft flüssiger funktionieren als die Originalsoftware und zudem mehr Anpassungsmöglichkeiten bieten. Beispiele dafür sind der kostenlose GO Launcher EX [1], der ADW.Launcher [2] und auch der Nova [3], Apex [4] oder Atom Launcher [5].
Diese Launcher bieten neben umfangreichen Konfigurationsmöglichkeiten auch hervorragende Performance. Das mager ausgestattete Samsung-„TouchWiz“ beansprucht auf unserem Note zum Beispiel 46 MByte im Arbeitsspeicher, der vielseitigere Nova Launcher belegt jedoch nur 35 MByte des kostbaren RAMs. Sie entscheiden selbst, ob Sie mit Vollgas fahren oder Ihr System schonen wollen. Werkseitig erlauben Standard-Launcher zumeist die Verwendung von sieben Homescreen-Seiten. Bei alternativen Launchern scheint die Anzahl oft unbegrenzt zu sein. Um ein schnelles Scrollen zu garantieren, muss der Grafikspeicher die Ansichten im Speicher halten. Es empfiehlt sich deshalb, die Zahl der Seiten und Inhalte auf das Notwendigste zu beschränken.
Apps ausmisten
Im Play Store gibt es jeden Tag etwas Neues. Fast jede Woche kommt eine neue „Must-have-App“ auf den Markt. Auf dem Handy sammeln sich daher immer mehr Apps – das kann auch das stärkste Smartphone an seine Grenzen führen, erst recht wenn es in die Jahre gekommen ist. Bei der bevorstehenden Reinigungsaktion geht es daher um’s Ausmisten, auch wenn es schwer fällt! Keine Angst, selbst wenn Sie eine App deinstallieren und sie später wieder brauchen: Im Play Store finden Sie alle einmal installierten Apps wieder, tippen Sie dazu einfach auf Meine Apps und danach auf das Register Alle.
Doch nicht nur über den Play Store lassen sich Apps vom Handy werfen, das geht auch direkt im System. Das Entfernen nicht benötigter Apps ist sowohl im Gerätemenü unter der Rubrik Anwendungsmanager, den Apps oder in der App-Liste Ihres App-Drawers möglich. Je nach Android-Version und Hersteller-GUI können sich die Schritte im Einzelnen leicht unterscheiden.
Haben Sie den werkseitig installierten Standard-Launcher bereits durch einen alternativen Launcher ersetzt, kann das Löschen überflüssiger Apps mitunter schon komfortabler erfolgen. Beim Nova Launcher müssen Sie zum Beispiel die Apps einfach nur durch einen länger Tipp anpacken und dann auf das Deinstallieren-Icon am oberen Bildschirmrand ziehen.
Vorinstallierte Anwendungen der Provider oder Hersteller – zum Beispiel Facebook, Twitter oder Werbe-Apps – werden Sie auf diesem Weg leider nicht los. Nutzen Sie diese Dienste nicht, dann gammeln die Apps nutzlos auf Ihrem Handy vor sich hin. Hat der Hersteller diese fest in die Software eingebaut, lassen sie sich nicht deinstallieren. Der einzig endgültige Weg wäre die Installation eines Custom-ROMs wie CyanogenMod, doch das ist mit viel Aufwand verbunden.
Alternativ können Sie diese Mist-Apps aber auch deaktivieren. Sie liegen dann zwar noch auf dem Handy, verschwinden aber komplett aus der Liste der aktiven Programme sowie aus dem App-Launcher. Dazu müssen Sie die App im Anwendungsmanager der Android-Einstellungen öffnen, dort die bisher angelaufenen Updates deinstallieren, und dann lässt sich die Anwendung meist auch deaktivieren.
Standortdienste vermeiden
Besonders kostenlose Apps sorgen für häufigere Wake-ups und Online-Traffic. Wie bei keinem anderen Betriebssystem verlockt der Google Play Store zur Installation kostenloser Programme. Auch wenn diese weniger gefährlich sind, als es sich oft liest, bezahlen Sie zumeist mit dem Akzeptieren von Werbung und den damit verbundenen Hintergrundaktivitäten.
Falls Sie Apps nutzen, für die aus naheliegenden Gründen Ihr Standort relevant sein könnte, reicht es oft aus, wenn sich diese an an Mobilfunksendern oder an WLAN-Netzen orientieren. Im Einstellungsmenü können Sie die GPS-Verwendung unter den „Standortdiensten“ deaktivieren.
Live-Wallpaper vermeiden
Mittlerweile sind Live-Hintergründe nicht nur zu einer coolen Show mutiert, sondern werden mit immer realistischeren Animationen in hoher Auflösung angeboten. Das beansprucht nicht nur den Arbeitsspeicher stark, sondern stresst auch den Grafikprozessor. Gerade bei einem schwächeren Handy gilt daher: runter damit, und zwar sofort!
Setzen Sie lieber auf ein ganz gewöhnliches statisches Hintergrundbild. Auch ein selbst geschossenes, individuelles Foto kann etwas Besonderes sein, wenn Sie etwas herumexperimentieren und gezielt beispielsweise Unschärfeeffekte provozieren. Gehören Sie zu den weniger kreativen Menschen, finden Sie mit der Zedge-App [6] innerhalb weniger Minuten das perfekte Handy-Wallpaper.
Aktualisierungen reduzieren
Viele Ihrer Anwendungen rufen häufiger Daten aus dem Internet ab, als Ihnen lieb sein kann. Passen Sie daher die Aktualisierung Ihres Mailkontos Ihrem Tagesablauf an. Überprüfen Sie in den Maileinstellungen, wann und wie oft neue Nachrichten abgefragt werden sollen. Das schont nicht nur Ihre Nerven, sondern erspart Ihrem Gerät auch ständige Aktivitäten im Hintergrund und schont den Akkustand. Besonders, wenn Sie mehrere E-Mail-Konten nutzen, sollten Sie sich fragen, ob deren Benachrichtigungen alle gleich wichtig sind. Reicht es nicht aus, wenn Sie ein selten genutztes Konto nur einmal am Tag prüfen lassen?
Nachrichten-Apps und Wetteranwendungen sowie deren Widgets aktualisieren sich nach der Installation mitunter häufiger als erforderlich. „Breaking-News“ schlagen oft Alarm in Ihrer Nachrichtenleiste, selbst wenn es keine wirklichen Eilmeldungen sind. Facebook ist überall, und besonders die gleichnamige App ist ein wahrer Ressourcenfresser, den Sie bändigen können. Die Aktualisierungseinstellungen finden Sie natürlich auch hier im Einstellungsmenü der Anwendung.
Bessere Speicherkarte
Die Wahl der richtigen Speicherkarte wirkt sich auf die Reaktionsgeschwindigkeit des Handys aus, besonders wenn Sie den Zusatzspeicher dazu nutzen, Apps aus dem internen Speicher auszulagern. MicroSD-Karten gibt es in unterschiedlichen Geschwindigkeitsklassen. Die sogenannten „Class 2“- oder „Klasse 2“-Karten erreichen zum Beispiel gerade mal eine Schreibgeschwindigkeit von 2 MByte/s, während „Klasse 10“ schon deutlich flotter zu Werke geht. Hier garantiert der Hersteller eine Schreibleistung von mindestens 10 MByte/s.
Lässt sich die Leistungsfähigkeit Ihrer im Handy eingelegten Speicherkarte nicht mehr ablesen, erstellen Sie mit dem SD Card Tester [7] einen Benchmark Ihrer Speicherkarte. Selbst ein sehr angestaubtes Gerät sollte bei einer Class-10-Karte die 10 MByte/s beim Schreiben und etwa 15 bis 16 MByte/s beim Lesen erzielen. Sollte Ihre Karte nicht mithalten, finden Sie in diesem Heft einen Artikel, der die Speicherkarten gängiger Hersteller einem Leistungstest unterzieht.
Aufräumen mit Clean Master
Wenn Sie unsere vorgeschlagenen Aufräumarbeiten etwas komfortabler und effizienter gestalten wollen, schauen Sie sich doch einmal die schlanke und kostenlose Aufräum-App Clean Master [8] an! Mit diesem Putzroboter räumen Sie auf Ihrem Handy schnell und bequem auf. Konfigurieren Sie die App entsprechend, macht das Clean Master sogar automatisch.
Im Laufe der Zeit können sich Hunderte Megabyte an unnützen Daten auf einem Smartphone oder Tablet ansammeln. Allein den Cache aller Applikationen zu leeren, wäre über die App-Verwaltung von Android eine recht aufwendige Angelegenheit. Hier kommt Clean Master ins Spiel und hilft bei der Erkennung und Beseitigung des unnötigen Ballasts. Die App ist Freeware und läuft auf Android ab Version 2.1. Auf unserem nicht einmal stark belasteten Note konnten wir auf diesem Weg schnell 500 MByte Platz schaffen, ohne dass wir danach etwas vermisst haben.
Der letzte Schritt: Custom-ROMs
Alle bisher genannten Maßnahmen zur Systemoptimierung gelingen auf jedem Android-Handy, auf dem eine halbwegs aktuelle Version des Betriebssystems läuft. Wer jedoch das Maximum aus seiner vorhandenen Hardware herausholen will, der kommt um die Installation eines aktuellen Custom-ROMs nicht herum. Nur damit packen Sie ein aktuelles Android-Betriebssystem ohne unnötige vorinstallierte Apps auf Ihr betagtes Handy, das vom Hersteller schon lange nicht mehr mit Updates versorgt wird.
Wer mit solchen alternativen Android-Varianten experimentieren mag, sollte einen Blick auf CyanogenMod [9] werfen, über das wir in Ausgabe 8/2013 von Android User [10] bereits ausführlich berichtet haben. Alle Artikel aus diesem Heft sind frei im Internet zugänglich. Bei CyanogenMod handelt es sich um eine schlanke Android-Variante, die für eine Vielzahl aktueller Smartphones verfügbar ist.
Die Installation dieser alternativen Software setzt jedoch nicht nur ein passendes Handy und einen entsperrten Bootloader voraus, sondern auch Kenntnisse darüber, wie man die alternative Software aufspielt. Inzwischen hilft ein One-Click-Installer [11] bei der Installation der Firmware, allerdings nur auf einer recht eingeschränkten Auswahl [12] an Geräten. Vom Installer unterstützt werden Nexus-Geräte, die Samsung-Modelle Galaxy S2, S3, S4, Note und Note 2 und das HTC One.