23. September 2023
StartMagazinIm Test: Nikon Coolpix S800c mit Android

Im Test: Nikon Coolpix S800c mit Android

Auch Nikon erkennt das Potential von Androiden und bringt eine Kamera mit dem beliebten Betriebssystem auf den Markt. Ob sich die Investition von etwa 380 Euro für Sie lohnt, zeigt der Test.

Langsam aber sicher gehen den Herstellern im gesättigten Digitalkameramarkt die Verkaufsargumente für ihre neuesten Geräte aus: Megapixel ziehen aus gutem Grund immer weniger, echte Innovationen sind selten. Jetzt war die Kreativität der Produktstrategen gefragt – die mit der Hochzeit von Android und Kompaktkamera auch prompt eine echte Innovation aus dem Hut zauberten. Den Anfang machte Samsung mit der Galaxy Camera [1], dicht gefolgt von Nikon mit der Coolpix S800c, die hier zeigt, was sie kann.

Wer bin ich

Vergleicht man die Optik und technischen Daten zwischen der Coolpix S6400 [3] und der S800c [4], wird schnell klar, welches Modell Pate stand. Abgesehen vom um zwei Stufen geringeren Zoomfaktor (10- statt 12-fach) und dem größeren Display (3,5 Zoll anstelle von 3) sind bei beiden weitgehend baugleich. Preislich trennen sie jedoch kleine Welten: Während das S6400 nach Nikons Vorstellungen 249 Euro kosten soll, schlägt das S800c mit satten 399 Euro zu Buche. Der Straßenpreis liegt bei beiden Geräten etwa 50 Euro niedriger.

Zur Bildaufzeichnung kommt ein 16-MPixel-CMOS-Sensor mit einem 1/2.3-Zoll Formfaktor (entspricht 11 Millimeter Diagonale) zum Einsatz. Das Nikkor-Objektiv besitzt eine Brennweite von 4,5- bis 45 Millimeter, was einem Kleinbild-Equivalänt von 25- bis 250 Millimetern entspricht. Die Anfangsöffnung beträgt akzeptable 3,2 Blenden und verkleinert sich bis auf 5,8 im Telebereich. Ein integrierter GPS-Empfänger versieht die Bilder auf Wunsch mit Positionsdaten, WiFi und Bluetooth sorgen für den Kontakt zur Außenwelt. Auf das in diesem Einsatzszenario durchaus sinnvolle UMTS-Modul verzichtete Nikon jedoch. Der Kamera legt Nikon einen Wechselakku mit einer Kapazität von relativ mageren 1050 mAh bei.

Als System kommt das doch schon ziemlich angestaubte Android 2.3 zum Einsatz. Mit ein Grund dafür dürften die mickerigen 256 MByte Hauptspeicher sein, die den Einsatz eines neueren Androiden verbieten. An Flash-Speicher weist Nikon 2,4 GByte aus, das Testgerät wartete jedoch lediglich 811 MByte auf, wovon etwa 790 für Bilder und Filme zur Verfügung stehen. Da die Kamera jedoch einen SD-Karten-Slot mitbringt, spielt das keine entscheidende Rolle.

Das OLED-Touchscreen-Display mit einer Diagonale von 3,5 Zoll besitzt eine Auflösung von 854×480 Pixeln. Wie Nikon auf die beworbenen 819.000 Pixel kommt, bleibt ein Rätsel. Tatsächlich sind es nur etwa die Hälfte. Die Blickwinkelstabilität ist gut, dank der Anti-Reflex-Beschichtung lässt sich das Display auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen gut ablesen.

Für Vortrieb sorgt eine mit 1,6 GHz getaktete ARMv7-CPU. Im AnTuTu-Benchmark erreichte das System respektable 3600 Zähler.

© NikonAbbildung 1: Der Homescreen der Kamera lässt das schon etwas betagte Android 2.3 erkennen.
© NikonAbbildung 1: Der Homescreen der Kamera lässt das schon etwas betagte Android 2.3 erkennen.

In der Praxis

Beim ersten Anfassen fühlt sich die Kamera vergleichsweise billig an. Abgesehen von der Metallfront, die nicht bündig mit dem Gehäuse abschließt, besteht sie aus Kunststoff. Das Display ist ausreichend hell und dank Entpiegelung auch bei hellerem Umgebungslicht recht gut ablesbar. Da die Kamera allerdings in erster Linie über den Touchscreen bedient wird, sieht sie schon nach kurzer Benutzung ziemlich verschmiert aus. Etwas unglücklich positioniert Nikon den integrierten Blitz links oben an der Front, genau dort, wo viele die Kamera festhalten. Entsprechend beleuchten nicht wenige Blitzer erst mal die Finger, bis man sich daran gewohnt hat.

Beim ersten Einschalten fällt die extrem lange Startzeit von knapp 30 Sekunden auf, die die Kamera braucht, bis sie voll einsatzfähig ist. Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn sie längere Zeit nicht benutzt wurde, andernfalls schaltet das System nur in den Standby-Modus und ist in etwa genau so schnell einsatzbereit, wie eine Kompaktkamera ohne Android. Die Auslöseverzögerung fiel dafür erfreulich kurz aus, es war praktisch kein Unterschied zwischen Auslösung und Aufnahme zu bemerken.

Obwohl die Kamera mit einem Wechselakku aufwartet, legt Nikon nur einen USB-Netzadapter bei, um ihn in der Kamera zu laden. Warum der Hersteller den USB-Eingang an der Kamera mit einer proprietäre Buchse versah, die zu nichts kompatibel ist außer der eigenen Strippe, bleibt unklar.

Eine der Kernfunktionen, welche den Einsatz von Android in Kameras rechtfertigt, ist das Hochladen der Bilder ins Internet. In der Grundeinstellung erlaubt die Nikon jedoch nur den Upload zu Google-Diensten wie Picasa oder Google+. Möchten Sie stattdessen beispielsweise via Facebook oder Flickr Ihre Fotos teilen, gilt es zunächst, die jeweils passende App zu installieren.

Anders als viele Kameras dieser Preisklasse unterstützt die Coolpix zudem lediglich das JPEG-Format in verschiedenen Auflösungen. Das deutlich bessere Rohdatenformat (bei Nikon NEF) fehlt. Videos zeichnet die Cam als MOV mit H.264/MPEG-4-komprimiert in einer Auflösung von bis zu 1080p (Full HD) auf.

Die Einstellmöglichkeiten der enthaltenen Foto-App beschränken sich aufs Wesentliche und bilden ungefähr den Funktionsumfang einer durchschnittlichen kompakten Digicam ab. Fortschrittliche Funktionen, etwa das manuelle Ansteuern der Blende, der Belichtungszeit oder des Autofokus bietet sie nicht an.

Abbildung 2: Der Funktionsumfang der Kamerapp unterscheidet sich nicht von einer herkömmlichen Kompaktkamera.
Abbildung 2: Der Funktionsumfang der Kamerapp unterscheidet sich nicht von einer herkömmlichen Kompaktkamera.

Zusätzliche Funktionen, etwa die Einstellung der Lichtempfindlichkeit, erreichen Sie etwas umständlich über die Android-Menütaste. Dort gelangen Sie auch zu weiteren Parametern wie dem Weißabgleich und zur Anzahl der Bildfolgen. Hier wartet die Nikon tatsächlich mit einer Besonderheit auf: Nämlich der Serienbildaufnahme von bis zu 120 Bildern in der Sekunde. Allerdings verringert sich dann die Größe der Bilder auf 640×480 Pixel.

Wem diese Ausstattung nicht reicht, der kann sich über den Play-Store beliebige Kamera-Apps nachinstallieren, deren Funktionsumfang teilweise erheblich höher ist als der, der vorinstallierten. Das Rauschverhalten der Coolpix ist bis etwa 400 ISO zufriedenstellen, bei Werten darüber verlieren die Bilder, wie nicht anders zu erwarten, aber deutlich an Zeichnung. Der Grund dafür ist die integrierte Rauschfilter, der allerdings auch ab 800 ISO überfordert ist. Zwar lässt sich die Empfindlichkeit bis 3200 ISO hochschrauben, allerdings taugen dann die Bilder auch für den Hausgebrauch nicht mehr.

Fazit

Android als alleiniges Verkaufsargument reicht nicht aus, wenn dessen Potential nicht genutzt wird. Und genau das ist bei der Nikon der Fall. Letztendlich wirkt die Coolpix an sehr vielen Ecken wie gewollt, und nicht gekonnt. Angesichts der mageren Ausstattung ist der Preis von über 350 Euro zu teuer. Den einzig echten Mehrwert, den die Knipse gegenüber der 150 Euro billigeren S6400 mitbringt, ist die Upload-Funktion via WLAN oder Bluetooth.

Nikon Coolpix S800c

Hersteller Nikon
Formfaktor 3,5-Zoll-Digitalkamera
Preis 399 Euro (UVP), 350 Euro (Internet)
Auflösung 854×480 Pixel
Sensor 16 MPixel, 1/2.3-Zoll
Zoom 10-fach
Prozessor 1,6-GHz ARMv7
Android-Version 2.3
Akku 1050 mAh
Gewicht 165 g

Infos

Marcel Hilzinger
Marcel Hilzinger
Ich bin Marcel und Gründer von Android User. Unsere Webseite existiert nun bereits seit dem Jahr 2011. Hier findest du eine Vielzahl von Artikeln rund um das Thema Android.

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