Mit dem Razr i bringt Motorola das erste Smartphone mit Intel-Prozessor auf den deutschen Markt. Wir haben uns das schnittige Razr-Smartphone angeschaut und sind recht begeistert.
Plusminus
+ Optimaler Formfaktor
+ NFC
+ Gute Akkulaufzeit
+ Schnelle Kamera
– Noch nicht 100% kompatibel
Wurden Intels Smartphone-Bestrebungen vor einem Jahr von der Konkurrenz noch belächelt, gibt es bereits dieses Jahr mehrere Androiden mit „Intel inside“. Das von den Spezifikationen her interessanteste Gerät ist ohne Zweifel das Motorola Razr i. Auf Grund seiner technischen Merkmale ordnen wir das Smartphone in der gehobenen Mittelklasse bzw der unteren Oberklasse ein. Für die Mittelklasse spricht der Preis unter 400 Euro und das 4,3-Zoll-Display, das über vergleichsweise bescheidene 540×960 Pixel verfügt. Oberklasse sind hingegen die Ausstattung mit 8 GByte internem Speicher, MicroSD-Kartenslot, NFC, Super-AMOLED-Display, Klevlar-Beschichtung und wasserabweisender Oberfläche. Auch die verbaute CPU rechnen wir auf Grund der gemessenen Benchmark-Ergebnisse der Oberklasse zu.
Industrial Design
Egal ob Ober- oder Mittelklasse: Zahlreiche Details machen das Motrola Razr i zu einem besonderen Handy. Dazu gehört der kompakte und unserer Meinung nach auch sehr gelungene Formfaktor. Trotz 4,3-Zoll-Display ist das Razr i wesentlich kleiner als andere Smartphones mit gleicher Displaygröße. Möglich macht das der Touchscreen, der einen sehr großen Teil des Frontbereichs einnimmt und rechts und links kaum 2mm Rand lässt. Das Razr i ist nicht zu dünn aber auch kein Brummer und liegt dadurch sehr gut in der Hand.
Motorola hat dem Intel-Smartphone zudem eine Kamerataste spendiert, die wirklich nützlich ist. Ohne den Entsperrbildschirm zu betätigen können Sie so mit einem Druck auf die Taste innerhalb Sekundenfrist Fotos schießen. Das funktioniert wirklich. Um das gemachte Foto zu betrachten, müssen Sie das Gerät hingegen zuerst entsperren. Es ist also nur die Kamera vom Sperr-Bildschirm ausgenommen, keine weiteren Apps oder gar das komplette System. Die Bildqualität der 8-Megapixel-Kamera ist gut bis sehr gut. Hier liegt das Motorola-Handy auf dem gleichen Level wie die sehr guten Kameras von HTC im One X und One S. Für eine echte Empfehlung „Foto-Handy“ ist aber auch beim Razr i das Objektiv zu klein, und es bietet nicht genügend Lichteinfall. Gespart hat Motorola bei der Frontkamera, die mit bescheidenen 0,3 Megapixeln auflöst.
Geschmackssache ist sicherlich das Design des Smartphones mit den gut sichtbaren Verschraubungen. Auch in der Redaktion waren wir uns hier nicht einig, ob das nun schön oder hässlich ist. Das Design des Razr i dürfte zudem eher das männliche Publikum ansprechen. Ebenfalls Geschmackssache ist der recht aggressive Vibrationsmotor.
Intel inside
Was auf Desktop-Rechnern schon seit langem üblich ist, hält nun auch bei den Smartphones und Tablets Einzug: Geräte mit unterschiedlichen Prozessor-Architekturen. Während der Smartphone-Markt bislang überwiegend von ARM-Prozessoren und wenigen CPUs der MIPS-Architektur geprägt war, will auch Intel in den sehr rasch wachsenden Markt einsteigen und sich Marktanteile sichern. Mit dem Razr i von Motorola ist Intel dieser Einstieg in den europäischen Markt sehr gut gelungen. Abgesehen von einigen recht kleinen Details arbeitet das Razr i von Motorola ebensogut wie seine ARM-Pendants. In einigen CPU-intensiven Bereichen schlägt sich das Smartphone sogar besser, da die Atom-CPU auf maximal 2.0 GHz getaktet ist. Das zeigt sich zum Beispiel beim Laden und Scrollen umfangreicher Webseiten, aber auch in der Galerie-App war das Razr i gefühlt schneller als andere Android-Smartphones. Dass es sich beim verbauten Atom Z2460 um einen Single-Core-Prozessor handelt, merkt man überhaupt nicht. Die Ruckler, die wir feststellten, rechnen wir dem Android-4.0-System an: Sie treten beispielsweise beim Wechsel vom Homescreen in die Homescreen-Übersicht auf, auch beim Durchblättern der Apps stellten wir die für alle Android-Systeme vor 4.1 typischen Mikro-Hänger fest.
Mit einer offiziellen Taktrate von 2.0 GHz besitzt das Razr i von Motorola die aktuell schnellste Android-CPU. Wie schnell der Intel-Prozessor wirklich arbeitet, wollten wir denn auch in unseren Standard-Benchmarks AnTuTu und Vellamo wissen. Zu unserem Erstaunen setzt sich die Single-Core-CPU hier vor zahlreiche Dual-Core- oder gar Quad-Core-Konkurrenten durch. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass diese Tests nicht auf Zweikern- oder Vierkern-Prozessoren optimiert sind, aber Intels neuester Atom-Prozessor ist tatsächlich gleich schnell, wie seine ARM-Kollegen.


Auch bei der Akkulaufzeit können wir vom Intel-Prozessor nur gutes sagen. Die von Motorola versprochenen 20 Stunden bei durchschnittlichem Gebrauch sind absolut realistisch. In unseren Tests kamen wir bei knapp 3 Stunden aktivem Display auf eine Laufzeit von über 2 Tagen. Das schaffen viele andere Android-Smartphones nicht. Hier macht sich natürlich auch der Display-Faktor bemerkbar. So beträgt die Auflösung des 4,3-Zoll-Displays lediglich 540×960 Pixel. Kombiniert mit dem 2000 mAh-Akku kommt das Razr i so auf deutlich bessere Laufzeiten als beispielsweise das Galaxy Nexus mit einem 4,6-Zoll-Display mit 800×1280 Bildpunkten und nur einem 1750-mAh-Akku.
Intel und Android?
Intel-Prozessoren in Android-Geräten sind technisches Neuland. Eigentlich sind Android-Apps nicht für Intel-CPUs programmiert. Da die meisten Apps aber die virtuelle Java-Maschine Dalvik benutzen, merken sie gar nicht, dass statt eines ARM-Prozessors unter der Haube eine CPU von Intel werkelt. Lediglich bei Apps, für die der Entwickler das Native Development Kit (NDK) eingesetzt hat, spielt die Prozessorarchitektur eine Rolle. Hier gibt Intel aktuell eine Kompatibilität von 70 Prozent an, was insgesamt zu einer Kompatibilitätsrate von 90 Prozent führt. Es gibt aber auch prominente Ausnahmen. Dazu gehört aktuell noch der Google-Browser Chrome (Stand: Anfang Oktober 2012) und in unseren Tests verweigerte zum Beispiel auch das Spiel Dark Meadow die Zusammenarbeit mit dem Intel-Smartphone. Es lassen sich also mit dem Razr i auch Apps herunterladen und installieren, die nicht mit dem Intel-Prozessor zurecht kommen. Sind Sie auf eine bestimmte App unbedingt angewiesen, dann sollten Sie sich im Vorfeld beim Entwickler erkundigen, ob diese auf dem Razr i arbeitet. Eine zuverlässige Abfrage bei Google Play gibt es nicht.
Motorolas Android
Das Razr i ist das erste Motorola-Smartphone mit Android 4.0, das es in die Redaktion geschafft hat. Bereits auf den ersten Blick fällt das optisch sehr ansprechend gestaltete Widget für die Uhrzeit, den Akkuladestand und das aktuelle Wetter auf. Das Widget sollte allen Herstellern ein Beispiel sein, wie man seine Oberfläche spezifisch gestalten kann, ohne wirklich ins System einzugreifen. In der Grundeinstellung sind keine zusätzlichen Homescreens eingerichtet. Wischen Sie nach links, erscheint automatisch ein Assistent, der Sie beim Setup eines zusätzlichen Screens auf der rechten Seite unterstützt. Über eine Wischgeste nach rechts rufen Sie hingegen die Schnelleinstellungen auf. Eine Funktion, die uns in den Test gut gefallen hat, da so der Notification Bar für die Benachrichtigungen frei bleibt.
In der App-Übersicht hat Motorola im Vergleich zu Vanilla-Android einen zusätzlichen Reiter Favoriten eingebaut. Hier können Sie auf Wunsch sämtliche Apps ablegen, die Sie via Google Play installieren. In der Grundeinstellung ist der Reiter leer. Eigene Ordner bzw. Gruppen wie bei Motoblur unter Android 2.3 lassen sich hingegen nicht mehr anlegen.
Das Icon-Theme zeigt sich weiterhin in den von Motorola mit Android 2.3 eingeführten Farben. Hier bleibt es also Geschmackssache, ob Ihnen die Symbole gefallen oder nicht. Sie können aber jederzeit auf einen alternativen Launcher wie Apex oder Nova Launcher ausweichen, wenn Sie sich den Look & Feel von reinem Android 4.0 wünschen. Abgesehen von diesen zwei Änderungen unterscheidet sich der App-Drawer nicht von Ice Cream Sandwich in der Google-Version. Zu den von Motorola zusätzlich installierten Apps können wir aktuell keine Angaben machen, da es sich bei unserem Gerät um ein Vorseriengerät handelt, bei dem zwar die Hardware final ist aber noch nicht die Software.
Smart Actions
Überarbeitet und verbessert hat Motorola unter Android 4.0 auch die sogenannten Smart Actions. Damit lassen sich abhängig zum Standort, Akkustand oder anderen Sensoreigenschaften Aktionen automatisieren. Zum Beispiel schaltet das Razr i dann automatisch die Synchronisierung mit den Google-Servern ab, wenn der Akkustand unter 20 Prozent sinkt. Das ist aber nur ein Beispiel von sehr vielen Möglichkeiten, die die sehr schön gestaltete App bietet.
Schattenseite
Alles in allem macht die von Motorola zusammengestellte Android-Version also einen guten Eindruck. Es gibt aber auch negative Beispiele. So fällt zum Beispiel die Tisch-Uhr von Motorola komplett durch, da Sie zwar dir Uhrzeit anzeigen kann, aber im Unterschied zur nativen Uhr von Android 4.0 keinen Dimm-Modus beherrscht und sich als Nachttisch-Uhr somit nicht eignet. Auch optisch gibt die App nichts her. Auch beim Navigationsmodus muss Motorola nachbessern. So können Sie zwar per Sprachbefehl eine SMS initiieren und den Empfänger aus dem Adressbuch hinzufügen. Die SMS zu diktieren und anschließend auch zu versenden, ist aber per Sprache dann nicht mehr möglich. Insofern eignet sich die Sprachsteuerung nicht für den Praxiseinsatz.
Last but not least sollten sich Motorola und Intel schämen, im Oktober 2012 ein Gerät ohne Jelly Bean auf den Markt zu bringen. Auch wenn die Entwicklungszeit bestimmt ein paar Monate betrug, hätte man sich immerhin so weit aus dem Fenster lehnen können wie Motorola in den USA. Hier hat man Jelly Bean bis zu Weihnachten versprochen. Beim Razr i lautet das Statement jedoch bloß, dass das Gerät ein Update bekommen soll.
Fazit
Beim Erscheinen dieses Hefts müsste laut Plan das Motorola Razr i in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu einem empfohlenen Verkaufspreis von 399 Euro bereits im Handel sein. Wir rechnen damit, dass sich der Internetpreis recht schnell bei 350 Euro einpendelt. Zu diesem Preis ist das Razr i ein sehr gutes Smartphone mit einem wirklich guten Formfaktor, der das Display schön ausnutzt. Die wenigen Apps, die aktuell auf dem Intel-Smartphone noch nicht richtig funktionieren, sind nicht wirklich kritisch, sodass wir keinen Grund sehen, das Razr i nicht zu empfehlen. Sind Sie auf der Suche nach einem guten Smartphone in der Preisklasse zwischen 300 und 400 Euro sollten Sie also das Motorola Razr i definitiv in die engere Wahl miteinbeziehen, da es spätestens mit Android 4.1 in allen Belangen butterweich arbeiten wird.
Motorola Razr i XT890
Kerndaten | |
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Hersteller | Motorola |
Formfaktor | 4,3-Zoll-Smartphone |
Auflösung | 540×960 |
Prozessor | 2000 MHz, Single-Core |
Android-Version | 4.0.4 |
Akku | 2000 mAh |
Laufzeit (gemischt) | 20h |
Gewicht | 126g |
Preis (Internet) | 399 Euro |
Performance | |
AnTuTu-Benchmark | 6197 Punkte |
Vellamo (HTML5/Metal) | 1553/602 Punkte |
Android-User-Bewertung | 4,4 Punkte |