In den sozialen Netzwerken wimmelt es nur so vor „Hate Speech“ gegenüber öffentlichen und nicht öffentlichen Personen. Es wird beleidigt (wiederholt) und über andere Menschen hergezogen. Wiederholungstäter sollen in Zukunft mit härteren Strafen rechnen. Sogar eine gerichtlich angeordnete Accountsperre soll möglich sein.
Gesetz gegen digitale Gewalt – Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür
Viele Personen ab 14 Jahren sind bereits mit Hassreden und anderen Drohungen im Internet konfrontiert gewesen. Diese können gemeldet werden. Die Person hinter der Hassrede ausfindig zu machen, ist jedoch ziemlich schwierig. Das Sperren des Accounts ist auch nur von den Betreibern der jeweiligen Plattform möglich.
- Bisher mussten rechtswidrige Inhalte, laut dem am 28. Juni 2021 in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), von den Plattformen selbst gelöscht oder gesperrt werden. Ob ein Account endgültig gesperrt wurde, lag in den Händen der Plattformbetreiber.
In der letzten Woche hat nun Justizminister Marco Buschmann (FDP) die Eckpunkte für das Gesetz gegen digitale Gewalt bekannt gegeben. Mit diesem sind (unter gewissen Voraussetzungen) richterliche Accountsperren für Hetzer auf Facebook, Twitter und in anderen sozialen Netzwerken möglich (bisher nur durch die Betreiber der Seiten). „Eine solche Sperre muss ‚verhältnismäßig‘ sein und es muss um ‚schwerwiegende Persönlichkeitsverletzungen‘ gehen“, erklärt tagesschau.de.
Es gibt aber auch Kritik, nämlich eine durch das Gesetz mögliche „Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür“ (Quelle: CCC).
- Das Gesetzesvorhaben setzt eine weitgehende Speicher- und Identifikationspflicht für Online-Diensteanbieter und Chat-Dienste voraus.
Das bedeutet, dass Betreiber sozialer Netzwerke und Messenger-Dienste eine Auskunftspflicht haben, die auch für IP-Adressen gelten soll. Dazu kommen Auflagen, Bestands- und Nutzungsdaten des Verfassers einer „mutmaßlich rechtsverletzenden Äußerung“ bis zum Abschluss des Auskunftsverfahrens „gezielt zu sichern“
- Wenn es nach Buschmann geht, kann in Zukunft bereits eine schlechte Restaurantkritik als „digitale Gewalt“ ausgelegt werden. (wahrheitswidriger Nutzerkommentar)
Damit gehen die mit dem neuen Gesetz verbundene Befugnisse deutlich über die gegen Hass-Postings, Mobbing und Stalking hinaus. Laut weiteren Plänen des Justizministers soll künftig auch private Kommunikation entsprechend reguliert werden (Messenger und nicht-öffentliche Kommunikation). Somit wird das Versprechen der aktuellen Regierung über „anonyme und pseudonyme Online-Nutzung wird gewahrt“ hinfällig.
Signal und Threema geben keine Auskunft
Die Messenger Signal und Threema haben bereits auf die Pläne des Justizministeriums reagiert. (Quelle: Netzpolitik.org)
- Threema: Eine Sprecherin des Unternehmens sagt: „Das Eckpunktepapier des BMJ hat uns gleichermaßen erstaunt wie befremdet.“
„Insbesondere die Ausdehnung der Offenlegungspflicht auf Messenger-Dienste scheint uns nicht nur nutzlos, sondern in der Praxis auch undurchführbar zu sein.“ Threema will die weiteren Entwicklungen genau verfolgen, kündigt aber bereits an: „Wir sind auf jeden Fall nicht bereit, die Privatsphäre unserer Nutzer preiszugeben oder unsere Prinzipien der maximalen Datensparsamkeit über Bord zu werfen.“
- Signal: Wir sammeln keine Daten darüber, was die Leute sagen, wer mit wem spricht, wer Signal nutzt oder wie sie es nutzen. Wir haben also keine Daten, die wir herausgeben können. Dies ist der Kern unserer Aufgabe und die einzige Möglichkeit, Datenschutz wirklich zu gewährleisten. Hier wie auch anderswo werden wir unsere Technologie nicht ändern oder Datenschutzgarantien aufweichen.