Mit einem Smartphone kann man sogar telefonieren? Na klar, und das nicht nur über die herkömmlichen Mobilfunknetze, sondern auch über eine Internetverbindung. Drei Voice-over-IP-Apps laden Nutzer von Android-Handys zum Plaudern ein.
Viele Smartphone-Besitzer telefonieren dank Flatrate zu einem festen Preis ins deutsche Festnetz und in die verschiedenen Mobilfunknetze. Dazu kommen Tarife fürs mobile Internet, welche die Anbieter ebenfalls als Flatrate bewerben. Meist steht den Nutzern monatlich ein bestimmtes Übertragunsvolumen (50, 100, 200 MByte usw.) zur Verfügung. Wer Freunde im Ausland oder aus dem Urlaub heraus nach Hause anrufen möchte, profitiert davon jedoch nicht. Einen Ausweg bieten drei Apps: Mit Forfone, Tango und Viber telefonieren und chatten Sie kostenlos rund um den Globus über eine Internetverbindung (WLAN oder 3G).
Als Testgeräte dienten uns einmal ein Samsung Galxy Nexus mit Android 4.0.4, einmal ein Samsung Galaxy S2 mit Android 4.0.3. Die Gesprächspartner befanden sich in unterschiedlichen Netzen und telefonierten über ihre jeweilige WLAN-Anbindung. Ein Teilnehmer war über eine kleine DSL-2000-Verbindung mit dem Internet verbunden, der andere via Glasfaserkabel online. Die Viber-Testanrufe fanden außerdem zu einem Gesprächspartner in Belgien statt, der über eine 3G-Datenverbindung online war.
Forfone
Die kostenlose Voice-over-IP-App Forfone [1] der Toolani GmbH aus Wien steht sowohl für Android-Systeme [2] als auch für iOS (iPhone, iPod und iPad) zum Download bereit. Im Test trat Version 1.4.6 vom 24. Juli 2012 an. Laut Aussagen des Herstellers sollen Windows-7-Rechner und -Tablets bald folgen. Die App unterstützt in der derzeitigen Variante nationale und internationale Telefonate innerhalb und außerhalb des Forfone-Netzes und verschickt auch SMS (unbegrenzte Textlänge, wahlweise mit Anhang und Standortangabe). Die österreichische Softwareschmiede kündigt auf der Homepage an, bald kostenlose Videotelefonie in die App zu integrieren.
Nach dem ersten Start bittet die App zunächst um den Zugriff auf die vorhandenen Kontakte. Nach der Bestätigung können Sie Ihr Heimatland auswählen und die eigene Handynummer eintippen, um die Registrierung anzustoßen. Der Aktivierungscode erreicht Sie kurze Zeit später per SMS. Diesen geben Sie in das dafür vorgesehene Feld ein und tippen auf Send – fertig. Dass Sie mit dem Dienst verbunden sind, bestätigt das kleine Telefonsymbol in der Statusleiste des Handys. Außerdem meldet die App forfone verbunden als +49? in den Benachrichtigungen, wenn Sie die Statusleiste herunterziehen.
Die App präsentiert sich übersichtlich und ohne Werbeeinblendungen. Auf drei Reitern erreichen Sie ein Tastenfeld für Telefonanrufe, Ihre Kontakte und Chats. Ganz rechts oben befindet sich das allgemeine Menü, über das Sie beispielsweise Ihr Guthaben für kostenpflichtige Gespräche aufladen, Freunde zu Forfone einladen, Bonuscodes einlösen, die Onlinehilfe aufrufen oder das Design verändern. Je nach Reiter erscheinen neben dem Menü weitere Buttons, über die Sie zum Beispiel eine neue SMS verfassen, Ihre Kontakte filtern oder neue hinzufügen.
Forfone integriert wie erwähnt alle Kontakte aus Ihrem Telefonbuch. Andere Benutzer, die ebenfalls Forfone verwenden, sind deutlich mit forfree gekennzeichnet (siehe Abbildung 1). Per Forfone-Nachricht informiert Sie die App zudem darüber, wenn einer Ihrer Kontakte der Nutzergemeinde beigetreten ist. Zusätzlich sehen Sie hinter einigen Einträgen den Hinweis outfree. Der Anbieter verschenkt monatlich Freiminuten zu nationalen Festnetzen. Außer in Deutschland sind diese in der Schweiz, in Italien, Spanien, UK und den Niederlanden verfügbar. Wie viele Minuten Sie schon verplaudert haben über den kostenlosen Service, erfahren Sie über das Hauptmenü unter Pakete (siehe Abbildung 2).


Um bei nationalen und internationalen Festnetz- bzw. Mobilfunknummern außerhalb des Forfone-Netzes durchzuklingeln, laden Sie zunächst Ihr Guthaben über das Menü auf. Hier können Sie entweder für 9,99 Euro, 4,99 Euro oder 0,79 Euro einkaufen; der Hersteller wickelt diese Besorgungen unkompliziert über Google Play ab. Wie teuer ein Gespräch in ein bestimmtes Land und Netz ist, verrät die Forfone-Tarifübersicht [3]. SMS kosten zu jeder Mobilfunknummer weltweit grundsätzlich 9 Cent.
Im Test klappte der Gesprächsaufbau ins Festnetz, zu Handys und zu anderen Forfone-Teilnehmern problemlos. Telefonate ins deutsche Festnetz brachen allerdings mitunter ab, was aber natürlich auch an der Internetverbindung gelegen haben kann. Die Sprachqualität war meistens in Ordnung, wenn auch ein bisschen übersteuert bei Nutzung des externen Mikros und Lautsprechers. Eine Stummschaltung ist per Fingertipp erreichbar; eine Warteschleifenfunktion und die Konferenzschaltung mit mehreren Gesprächspartnern ist nicht dabei. Die Anrufliste ist über den Reiter mit dem Tastenfeld erreichbar und versteckt sich hinter dem Symbol mit der Uhr. Die Gesprächsübersicht aus dem Hauptmenü zeigt hingegen an, wie viel von Ihrem Guthaben Sie mit wem verplaudert haben.
Tango
Die zweite App im Test legt noch einen drauf. Tango von der gleichnamigen Firma [3,4] tanzt gleich auf mehreren Hochzeiten und bietet neben kostenlosen Nachrichten und Anrufen eine Videofunktion an. Kommt ein Videoanruf einmal nicht zustande, hinterlassen Sie mit der App sogar eine Videonachricht für Ihre Kontakte. Plaudereien zu nationalen oder internationalen Festnetz- und Handynummern wie bei Forfone sind nicht drin; Tango bleibt im eigenen Netz und verständigt sich nur mit anderen Tango-Nutzern. Im Test trat Version 2.0.26255 vom 19. Juli 2012 an.
Nach der Installation und dem ersten Start landen Sie im Anmeldebildschirm. Tango möchte außer dem Ländercode und Ihrer Handynummer den Vor- und Zunamen sowie Ihre Mailadresse wissen. Lassen Sie die Checkbox Adressbuch speichern aktiviert, gleicht die App das Telefonbuch des Geräts ab und überprüft, wer von den Kontakten ebenfalls Tango nutzt. Diese Personen tauchen anschließend automatisch in den Tango-Kontakten auf. Ein Fingertipp auf Speichern schließt die Registrierung ab – einen Aktivierungscode per SMS verschickt der Anbieter nicht.
Läuft die App, und ein Kontakt aus Ihrem Telefonbuch tritt der Tango-Tanzschar bei, erhalten Sie über die Statusanzeige des Smartphones einen Hinweis darüber, und die Person erscheint in der Kontaktliste der App. Außerdem erreichen Sie über den Menübutton unten rechts im Reiter Kontakte eine Aktualisierungsfunktion, welche die gespeicherten Rufnummern und die Mailadressen durchsucht.
Vier weitere Reiter stehen am oberen Rand der App zur Verfügung, über die Sie das Anrufprotokoll einsehen, Nachrichten verschicken und abrufen und andere Nutzer zu Tango einladen. Über Specials erwerben Sie weitere Animationen, die Sie in Videoanrufen und Nachrichten über Tipp auf das Icon mit dem Zauberstab einblenden können (siehe Abbildung 3). In der Voreinstellung sind einige dieser Gimmicks und Spielereien bereits installiert. Zusätzliche Erweiterungen kosten zwischen rund 1 und 2 Euro; zur Kaufabwicklung leitet Tango in den App-Store weiter. Insgesamt ist auch Tangos Oberfläche äußerst benutzerfreundlich und blendet keine Werbebotschaften ein.

In den Programmeinstellungen (Menübutton unten rechts im Reiter Kontakte) bearbeiten Sie lediglich Ihre persönlichen Angaben. Auch Tango erlaubt es nicht, eigene Benachrichtungstöne festzulegen, an den Kamera- oder Soundeinstellungen zu drehen. Während eines Videotelefonats können Sie per Fingertipp auf das Symbol rechts oben die Kamera drehen. Ihr Gesprächspartner erhält dann eine Meldung der Form Benutzer wechselt Kamera, wie in Abbildung 3 zu sehen. Außerdem können Sie die Kamera über das Icon unten rechts ausschalten. Gleiches gilt für den Ton; eine Stummschaltung ist dabei.
Über das Nachrichtenfenster schicken Sie einerseits normale Textnachrichten, andererseits zeichnen Sie über Tipp auf die Kamera eine Videobotschaft auf und verschicken oder verwerfen diese (siehe Abbildung 4). Tippen Sie mit dem Finger auf einen Film, spielt Tango diesen im Vollbildmodus ab. Dazu ist allerdings eine Internetverbindung notwendig; in der derzeitigen Version ist es nicht möglich, Videos herunterzuladen und auf der SD-Karte oder dem Telefon abzulegen. Im Tango-Supportforum haben bereits einige Anwender laut nach diesem Feature gerufen [6]. Laut Antworten des Herstellers ist das für die Zukunft geplant.

Im Test war trotz einigermaßen schneller WLAN-/Internetverbindung die Qualität der Videoübertragung nicht besonders gut. Oft sah einer der Teilnehmer nur ein Standbild. Die Animationen rutschten dennoch durch die Leitung. Auch beim An- und Abschalten der Kamera war im Anschluss daran oft nur noch ein schwarzes oder weißes Bild zu sehen. Die Tonqualität war dafür durchgängig okay – sowohl mit externem als auch mit internem Mikro/Lautsprecher der Smartphones.
Viber
Auch die dritte App in der munteren Gesprächsrunde ist kostenlos und werbefrei. Viber [7] von der gleichnamigen Firma Viber Media Inc. [8] gibt es in den gängigen App-Stores für Android, iPhone, Windows Phone und Blackberry. Für diesen Artikel testeten wir Version 2.2.0.1344 vom 24. Juli 2012. Beim ersten Start möchte die App zunächst Zugriff auf das Telefonbuch, um andere Viber-Nutzer in Ihren Kontakten aufzuspüren. Danach wählen Sie den Ländercode, tragen Ihre Telefonnummer ein und warten auf den Access Code, der wie bei Forfone über SMS kommt.
Über den unteren Rand erreichen Sie per Fingertipp die Bereiche Nachrichten, Neueste (Anruflisten), Kontakte, Tastatur (Tastenfeld) und Mehr (Einstellungen). Je nach Bereich erscheinen dann am oberen Rand weitere Reiter. Über den Menübutton rufen Sie zudem Such- und Filterfunktionen für Nachrichten und Kontakte auf. Ein Blick in die Viber-Einstellungen ist übrigens unbedingt empfehlenswert. Dort blenden Sie ein Statussymbol für die App ein und schalten die Kommunikation mit Google Analytics [9] ab, die in der Voreinstellung aktiv ist.
Viber erlaubt keine Videotelefonate, ist dafür aber die einzige App im Test, die einen Gruppenchat ermöglicht. Dazu tippen Sie ganz einfach im Nachrichtenbereich auf Verfassen und wählen dann per Fingertipp mehrere Teilnehmer aus Ihren Kontakten per Checkbox aus. Über das kleine Zahnradsymbol am oberen Rand können Sie einen Namen und ein Hintergrundbild definieren sowie weitere Teilnehmer hinzufügen (siehe Abbildung 5).

Um jemanden anzurufen oder eine Nachricht zu verschicken, suchen Sie den Teilnehmer in der Kontaktliste aus. Ganz oben in der Liste erscheinen die beiden Viber-Funktionen Gratisanruf und Gratis-Nachricht; darunter listet die App (sofern im Telefonbuch vorhanden) weitere Möglichkeiten auf, um direkt auf dem Handy oder der Festnetznummer durchzuklingeln, eine SMS über den Mobilfunkanbieter oder eine E-Mail zu versenden. Praktisch: Viber bietet nicht nur eine Warteschleifenfunktion für laufende Anrufe, sondern informiert über die momentane Verbindungsqualität und erlaubt es über den Button Standardanruf, das Gespräch per GSM weiterzuführen (siehe Abbildung 6).

Die Gesprächsqualität war über WLAN durchweg zufriedenstellend, und auch der Anruf mit einem Belgischen Teilnehmer war akzeptabel, wenn auch mit kleinen Aussetzern gespickt. Häufige Abstürze, wie sie andere Anwender in den Erfahrungsberichten schildern, konnten wir zumindest auf den beiden Testgeräten nicht feststellen.