Wer sein Handy nicht nur rooten will, sondern auch eine alternative Firmware-Datei einspielen möchte, kommt um ein Custom-Recovery nicht herum. Dieser Artikel erklärt Ihnen, was ein Custom-Recovery ist und zeigt dabei auch gleich, wie Sie das Motorola Moto G rooten.
Android ist ein offenes System, das von Haus aus viele Anpassungsmöglichkeiten und Optionen bietet. Doch irgendwann stoßen anspruchsvolle Nutzer mit den Firmware-Versionen der Hersteller an den Rand der Möglichkeiten. Dann ist es Zeit, sich tiefer in den Android-Dschungel zu begeben, das Gerät zu rooten und es mit einem Custom-Recovery auszustatten. Diese beiden Komponenten sind ideale Voraussetzungen, um als Poweruser durchzustarten. Der Rootzugriff ermöglicht es, Veränderungen am System vorzunehmen, die normalerweise dem Rootbenutzer (Administrator) vorbehalten sind. Eine solche Möglichkeit ist aus Sicherheitsgründen von Haus aus nicht vorgesehen.
Ein Custom-Recovery wie das TeamWin Recovery (TWRP – TeamWin Recovery Project) oder das ClockworkMod Recovery (CWM) gibt Ihnen die Möglichkeit, ROMs, Tweaks und viele Modifikationen einzuspielen und mit Ihrem Gerät zu nutzen. Wir möchten Ihnen in diesem Artikel anhand des Moto G erklären, wie Sie ein Custom-Recovery installieren und das Smartphone anschließend über dieses Recovery-System mithilfe von SuperSu rooten. Die folgenden Anleitungen zur Installation eines Custom-ROMs gelten für viele Modelle, aber nicht für alle. Informieren Sie sich deshalb vorher im Internet, ob sich Ihr Smartphone mit SuperSu rooten lässt.
Custom-Recovery erklärt
Das Custom-Recovery ist ein kleines – vom installierten Android unabhängiges – System auf dem Handy oder Tablet. Sie stellen es sich am einfachsten als Kombination aus BIOS, Bootloader und Wiederherstellungspartition vor. Durch das Ersetzen des Custom-Recoverys erhalten Sie direkten Zugriff auf das System, ohne das vorinstallierte Android-System damit zu verändern. Voraussetzung dafür ist allerdings ein entsperrter Bootloader. Aus diesem Grund ist die Installation nicht auf allen Handys und Tablets möglich.
Kommunikation mit dem Handy
Um ein Custom-Recovery-System auf Ihrem Gerät zu installieren, ist das Android SDK (Software Development Kit) notwendig (oder zumindest bestimmte Teile davon). Dieses bringt die erforderlichen Tools mit, um das Recovery zu überschreiben. Damit dies überhaupt klappt, benötigt Ihr Gerät einen offenen bzw. einen entsperrten Bootloader. Anleitungen hierzu sind leicht im Internet zu finden. Je nach Gerätehersteller ist es unterschiedlich kompliziert, den Bootloader zu entsperren. In unserem Artikel beschreiben wir beispielhaft den Unlock eines Moto G.
Das Android SDK können Sie gratis für Ihr Betriebssystem unter [1] herunterladen. Entpacken Sie die ZIP-Datei. Anschließend öffnen Sie die Eingabeaufforderung. Unter Windows betätigen Sie hierzu die Windows-Taste + R und geben in das erscheinende Fenster cmd.exe
ein. Bestätigen Sie mit [Enter], es öffnet sich die Konsole. Unter Mac OS öffnen Sie das Terminal einfach durch das Launchpad. In beiden Eingabeaufforderungen müssen Sie nun in den Ordner platform-tools
navigieren, der sich in der obersten Ebene des Android SDK befindet. Tippen Sie cd
und den vollen Pfad des Ordners ein. Bestätigen Sie die Eingabe anschließend mit [Enter].
Haben Sie das SDK unter Windows auf dem Desktop entpackt, dann lautet der Befehl zum Beispiel
cd C:UsersIHR-BENUTZERNAMEDesktopadt-bundle-windows-x86-20131030adt-bundle-windows-x86-20131030sdkplatform-tools
Unter Mac OS und Linux unterscheidet sich die Pfadangabe ein wenig voneinander. Möchten Sie sich die komplette Installation des SDK ersparen, dann gibt es auch ein Paket, das nur die benötigten zwei Befehle adb
und fastboot
enthält. Wie man dieses installiert, entnehmen Sie unserem Artikel aus Android User 08/2013 [2].
Der Fastboot-Modus
Schalten Sie Ihr Smartphone aus und booten Sie es anschließend in den Fastboot-Modus. Bei Nexus-Geräten erreichen Sie diesen, indem Sie gleichzeitig [Leiser] und [Power] drücken. Die Tastenkombination, mit der Sie in den Fastboot-Modus gelangen, ist von Hersteller zu Hersteller und von Gerät zu Gerät unterschiedlich. Die für Ihr Smartphone oder Ihren Tablet passende Kombination finden Sie leicht im Internet. Das Moto G booten Sie mit der gleichen Kombination wie die Nexus-Geräte in den Fastboot-Modus: Leiser-Taste gedrückt halten und dann den Einschaltknopf betätigen. Sobald dieser Modus aktiv ist, verbinden Sie Ihr Smartphone mit dem Computer über das originale USB-Kabel.
Der folgende Abschnitt behandelt die Entsperrung des Bootloaders beispielhaft am Moto G. Wenn Sie ein anderes Gerät besitzen, befolgen Sie diesen Abschnitt nicht. Anleitungen zum Entsperren des Bootloaders für Ihr Gerät lassen sich einfach im Internet finden. Die folgenden Befehle, die am PC ausgeführt werden müssen, sind unter Windows, Linux und Mac OS X gleich, unter Mac OS X müssen Sie jedoch vor jeden Befehl noch ein „./“ stellen.
Achtung!
Beim Entsperren des Bootloaders gehen sämtliche Dateien auf Ihrem Gerät verloren. Machen Sie deshalb unbedingt ein Backup Ihrer Daten!
Entsperren des Bootloaders
Wenn Ihr Moto G nun via USB-Kabel am Computer angeschlossen und die Eingabeaufforderung geöffnet ist, überprüfen Sie über den Befehl fastboot devices
, ob das Gerät richtig erkannt wurde. Falls ja, ist es unter der Ausgabe des Befehls aufgeführt. Andernfalls müssen Sie die korrekte Treiberinstallation überprüfen (nur Windows). Geben Sie nun den Befehl fastboot oem get_unlock_data
ein und bestätigen Sie den Schritt mit [Enter]. Auf dem Bildschirm erscheint eine fünfzeilige Zeichenkette mit insgesamt 125 Stellen (siehe Kasten „Unlock-Beispiel“). Diesen Schlüssel benötigen Sie, um den Entsperrcode bei Motorola anzufordern. Wie oben erwähnt: Wenn Sie ein anderes Handy benutzen, dann müssen Sie den Bootloader auf andere Weise entsperren.
Melden Sie sich unter [3] auf der Motorola-Webseite an. Zum Login können Sie Ihren bestehenden Google-Account verwenden. Setzen Sie die fünf Zeilen zusammen, sodass Sie eine Folge aus 125 Zeichen erhalten. Diese fügen Sie auf der Motorola-Seite unter Can my device be unlocked? ein und klicken auf den blauen Button. Scrollen Sie dann bis zum Ende der Seite, setzen Sie einen Haken bei I Agree und klicken Sie auf Request Unlock Key. Sie erhalten in den nächsten Minuten eine E-Mail von Motorola mit dem Unlock-Key. Diesen kopieren Sie in die Zwischenablage und kehren dann wieder in die Eingabeaufforderung zurück. Tippen Sie hier den Befehl fastboot oem unlock IHR-UNLOCK-CODE
ein. Dabei gehen alle Daten auf dem Gerät verloren! Ihr Moto G startet nun neu und ist ab sofort entsperrt! Trennen Sie es aber noch nicht vom Computer und lassen Sie auch die Konsole offen, beide werden zur Installation des Custom-Recoverys noch benötigt.
Unlock-Beispiel
$ fastboot oem get_unlock_data (bootloader) 0A40040192024205#4C4D3556313230 (bootloader) 30373731363031303332323239#BD00 (bootloader) 8A672BA3434C2CE02328A2AC0C39F95 (bootloader) 1A3E5#1F53280002000000000000000 (bootloader) 0000000
Custom-Recovery installieren
Nachdem der Bootloader entsperrt ist, fahren Sie mit der Installation des TeamWin Recoverys fort. Theoretisch könnten Sie auch das ClockworkMod Recovery installieren, das TeamWin Recovery gilt jedoch als fortschrittlicher. Die passende Version für Ihr Smartphone müssen Sie in den Ordner mit dem Namen platform-tools
kopieren. Die benötigte Datei für die offiziell von TWRP unterstützten Geräte finden Sie unter [4]. Für manche Modelle gibt es zwar offiziell keinen Support, aber die Community hat es geschafft, auch für diese Geräte funktionierende Builds zu erstellen. Auch das Moto G gehört nicht zu den offiziell unterstützten Smartphones, Sie erhalten allerdings eine inoffizielle Variante des TWRP Recoverys unter [5]. In der noch offenen Konsole geben Sie nun den Befehl fastboot flash recovery NAME-DER-RECOVERY-DATEI.img
ein. Durch die Bestätigung mit [Enter] beginnt der Computer, das vorhandene Recovery-System (Stock Recovery) zu überschreiben. Dieser Prozess dauert nur wenige Sekunden. Danach können Sie das Gerät vom Computer trennen und Ihr neues Custom-Recovery in Betrieb nehmen. Am Moto G starten Sie dazu über die Leiser-Taste und den Einschaltknopf in den Fastboot-Modus und wechseln mit [Leiser] zwischen den Menüpunkten. Mit [Power] bestätigen Sie Ihre Auswahl.

Anmerkung zum Moto-G-Recovery
Bei der inoffiziellen Version für das Moto G gibt es bisher noch einige kleinere Bugs. Der auffälligste ist hierbei, dass das Gerät im Recovery-Modus erst auf Eingaben reagiert, nachdem der Bildschirm in den Standby-Modus gegangen ist und Sie das Gerät wieder aufgeweckt haben. Booten Sie deshalb ins Recovery, warten Sie eine Minute, bis der Bildschirm schwarz wird, und schalten Sie danach das Display über die Power-Taste wieder ein. Nun können Sie das Recovery ganz normal benutzen.
Rooten mit SuperSU
Für die meisten Smartphones gibt es spezielle Anleitungen zum Rooten. Die Grundlagen dafür entnehmen Sie unserem Einführungsartikel. Doch es ist nicht immer notwendig, diese komplizierten, umfangreichen Vorgänge auszuführen. Der XDA-Developer Chainfire hat mit SuperSU ein Tool entwickelt, das auf sehr vielen Handys funktioniert, sobald ein Custom-Recovery installiert ist.
SuperSu an sich ist lediglich eine App zum Verwalten der erteilten Rootrechte von Apps im Android-System. Doch mit der auf der Webseite des Entwicklers Chainfire vorhandenen speziellen Version rooten Sie auch gleich Ihr Gerät. Laden Sie sich unter [6] die neuste Version der SuperSU-ZIP-Datei herunter und legen Sie sie im internen Speicher Ihres Handys oder Tablets ab (via Dateimanager oder – falls Sie schon etwas Erfahrung haben – mit adb push
). Booten Sie in das installierte Custom-Recovery und flashen Sie die geladene ZIP-Datei. Im TeamWin Recovery klicken Sie hierzu auf Install
und wählen die heruntergeladene ZIP-Datei aus. Bestätigen Sie die Aktion, indem Sie den blauen Slider nach rechts ziehen. Ihr Recovery-System beginnt nun, die Datei in Ihr Android-System zu integrieren (flashen). Den aktuellen Fortschritt können Sie auf dem Bildschirm beobachten. Nachdem der Vorgang abgeschlossen ist, müssen Sie lediglich das Gerät neu starten. Schon steht der Root-Zugriff und Ihr Moto G ist bereit, ein Custom-ROM zu installieren oder einen anderen Kernel auszuprobieren.


Fazit:
Sie haben mit dieser Anleitung den Grundstein für die volle Nutzung Ihres Smartphones gelegt. Ab sofort stehen Ihnen die Weiten des Moddings offen, sodass Sie auch tiefer im System Änderungen vornehmen oder einfach mal ein paar Root-Apps ausprobieren können. Es gibt so viele nützliche Apps, die Rootzugriff verlangen und nur darauf warten, von Ihnen genutzt zu werden.