Die gängigsten Smartphone-Marken kann der deutsche Einzelhandel zu guten Konditionen liefern. Doch was ist, wenn es mal etwas Spezielleres sein soll? Unter Umständen lohnt sich ein Direktimport aus Fernost.
Möchten Sie sich ein Samsung Galaxy Tab oder ein HTC One X zulegen? Dann ist der Elektronik-Discounter um die Ecke eine gute Wahl. Ebenso der inländische Internet-Händler Ihres Vertrauens, denn oft erhalten Sie diese Topseller dort zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis. In anderen Fällen lohnt sich jedoch nicht selten ein Blick über die virtuelle Grenze: Sie benötigen ein Dual-SIM-Handy mit einer bestimmten Ausstattung, die hierzulande nicht zu haben ist? Oder einen via Smartphone steuerbaren Modellhubschrauber, der aber auch günstig sein soll? Oder wollen Sie an Ihrem Hometrainer als Medienplayer ein einfaches Android-Tablet anbringen – welches deswegen nur schwache Hardware benötigt und maximal 50 Euro des Budgets aufzehren soll? All das können legitime Gründe sein, um einen privaten Eigenimport aus China durchzuführen. Doch bei so einer Bestellung erwarten den gutgläubigen Käufer auch Gefahren.
Bei wem kaufen?
Peking liegt 7760 Kilometer Luftlinie von München entfernt. Außerdem unterscheiden sich China und Deutschland recht stark in den Punkten Rechtsnormen und Sprache – selbst dann, wenn als Vergleichsgröße nicht der bayrische Dialekt, sondern das Hochdeutsche herangezogen wird. Dementsprechend dürfte es Käufern schwer fallen, im Falle von Streitigkeiten (beispielsweise darüber, ob die gelieferte Ware wirklich defekt ist) ihre Rechte durchzusetzen. Dieses Risiko minimiert sich jedoch, wenn der chinesische Handelspartner einen guten Ruf hat, den er potentiell verlieren könnte. In diversen deutschen Foren diskutieren Teilnehmer darüber, mit welchem fernöstlichen Händler gute Erfahrungen gemacht wurden und wen man besser meiden sollte. Natürlich kann es dem geneigten Käufer helfen, wenn er in die Untiefen dieser Threads eintaucht. Möchte er jedoch zeitsparender zu seinem Ziel kommen, empfiehlt sich ein Blick auf die Verkaufsplattform Aliexpress [1]. Diese lässt sich am Einfachsten als eine Art chinesisches E-Bay für Neuwaren beschreiben. Als erstes betritt der Kaufinteressent die englischsprachige Startseite (siehe Abbildung 1). Die ebenfalls existente, jedoch eigenwillig übersetzte deutschsprachige Unterseite sollte er zur Vermeidung von Verständnisproblemen hingegen meiden. Nun findet sich oben ein Suchfeld, wo der Nutzer ähnlich wie bei Amazon Marketplace oder E-Bay nach einer bestimmten Ware (wie zum Beispiel „Android Tablet“) suchen kann. Die resultierende Ergebnisliste liefert verschiedenste chinesische Händler, welche über die Aliexpress-Plattform Ihre Waren feil bieten. Die Spannbreite deren Seriösität variiert genauso stark wie in anderen Ländern dieser Erde. Dementsprechend sollte ein Kaufinteressent ein interessantes Angebot erstmal auf Herz und Nieren prüfen: Ist der Händler schon ausreichend lange auf der Plattform aktiv? Hat er viele Bewertungen? Sind negative dabei? Wenn ja, was steht dann in dem Bewertungs-Kommentartext drin? Sind auch Käufer aus der Europäischen Union dabei? Ist die Entscheidung für einen Anbieter gefallen, wird die Bestellung getätigt und per Kreditkarte bezahlt. Aliexpress behält das Geld erstmal ein und leitet es erst an den Verkäufer weiter, wenn der Besteller den Empfang des Pakets bestätigt hat. Falls der Anbieter per Privatnachricht nachfragt, ob man Zahlung und Lieferung nicht außerhalb der Plattform abwickeln solle, ist er – aus naheliegenden Gründen – höchstwahrscheinlich nicht seriös.
Eine Testbestellung
Der Autor dieses Artikels war auf der Suche nach einer Android-TV-Box, welche sowohl einen HDMI- als auch einen analogen Composite-Ausgang aufweist. So lässt sich mit Freunden eine Runde Angry Birds auf dem großen Flatscreen-TV zocken. Oder die App TuneIn-Radio beschallt über die Fernsehlautsprecher den Raum. Zwar besteht genauso die Möglichkeit, das eigene Smartphone über einen MHL-Adapter an Fernsehgeräte mit HDMI-Eingang anzuschließen. Doch mancher Bekannte besitzt noch einen alten Analog-TV. Außerdem – was ist, wenn man mitsamt Smartphone den Raum für ein Telefonat verlassen möchte?
Da kein deutscher Händler eine Android-Box mit den gewünschten Eigenschaften liefern konnte, erfolgte die Bestellung via Aliexpress bei der chinesischen Konkurrenz. Darüber hinaus erschien der Preis von 58$ (umgerechnet 45 Euro) für Gerät, alle Kabel und Netzteil schnäppchenhaft günstig. Durch Wahl der Versandmethode „China Post Air Mail“ entfielen die Versandkosten. Danach fing das Warten erst einmal an. Wie der Käufer erst später erfuhr, hatte er am ersten Tag einer landesweiten chinesischen Ferienwoche bestellt, das Gerät wurde also erst eine Woche nach Bezahlung losgeschickt.
Danach war es laut Tracking zwei Wochen von Südchina nach Nordchina unterwegs, wo es schließlich in ein Flugzeug geladen wurde. Zwei Tage später registrierte der Deutsche Zoll am Frankfurter Flughafen den Eingang des Pakets, um es erst einmal zwei Wochen lang festzusetzen (es gab bei den Kontrollen wohl noch einen Rückstau an anderen Paketen). Schließlich wurde die Sendung an ein lokales Zollamt in der Nähe des Empfängers weitergeleitet. Dieses benachrichtigte den Käufer, dass er das Paket mit einem Zahlungsbeleg (in diesem Fall die Kreditkartenabrechnung) abholen möge.
Auf Grund des letzteren berechnet das Zollamt die Höhe der zu zahlenden Einfuhrumsatzsteuer von 19%, außer das Paket unterschreitet den Wert von 22 Euro (dann ist die Einfuhr sozusagen kostenlos). Im geschilderten Fall waren also noch knapp 9 Euro nachzuzahlen. Außerdem wichtig zu wissen: Überschreitet eine Sendung den Wert von 150 Euro, fallen je nach Produktgattung gegegebenenfalls zusätzliche Zollgebühren an.
Wissenswertes
Die lange Lieferzeit des Beispielfalls wäre vermeidbar gewesen. Viele Händler bieten an, gegen 20$ – 30$ Aufpreis statt China Post einen Kurier wie DHL Express oder UPS zu nutzen. Das lange Festsetzen beim Zoll hing hingegen damit zusammen, dass dieser Anbieter scheinbar noch keine Erfahrungen mit deutschen Bestellern und den hiesigen Vorschriften hatte: Wenn eine (glaubwürdige) Rechnung außen am Paket befestigt gewesen wäre, hätte eventuell (aber auch dann nur mit etwas Glück) eine fixe Weitergabe stattgefunden: Dann hätte der Postbote die 19% Steuer kassiert und das Paket an der Haustüre des Adressaten übergeben. So musste es beim Zollamt abgeholt werden.
Trotzdem ist es in jedem Fall möglich, dass der deutsche Zoll das Paket zur Durchführung einer Stichprobe festhält und öffnet, um dieses auf verbotene Waren oder Produktfälschungen zu kontrollieren. Aus diesem Grunde sollte auch jeder Kaufinteressent von unglaubwürdigen Angeboten für Markenware Abstand nehmen: Ein angebliches Samsung Galaxy S3 für 100 Euro kann nur eine minderwertige Fälschung sein.
Lohnt sich nun eine China-Bestellung? Wer seinen gesunden Menschenverstand einschaltet und sich vor der Auswahl des Händlers kritisch informiert, kann durchaus in dem ein oder anderen Fall ein günstiges Gadget ergattern, welches hierzulande nicht zu haben ist. Falls das gute Stück jedoch nach nur zwei Monaten das zeitliche segnen sollte, wird es vermutlich schwer, Gewährleistungsansprüche durchzusetzen. Auch sollte man realistisch bleiben: Meine gekaufte Android-TV-Box ist für 45+9 Euro akzeptabel. Allerdings werkelt der eingebaute Single-Core-Prozessor eher gemächlich, und beim Composite-Out sieht das Bild selbst für analoge Verhältnisse arg matschig aus. Darauf angesprochen erließ mir der Verkäufer nachträglich einen Teil des Preises – er fürchtete, sonst eine negative Bewertung zu erhalten.