Eine aufgefrischte Optik, bessere Performance — auch auf schwächeren Geräten — eine neue Telefon-App, SMS sowie Hangouts unter einer Decke und eine weiter vertiefte Integration von Google Now: Android 4.4 bringt viel frischen Wind ins Android-Land. Wir fassen im folgenden Beitrag alle Änderungen zusammen.
Key Lime Pie? Android 5.0? Lange wurde über Spitznamen und Versionsnummer der neuen Android-Version spekuliert. Am Ende überraschte uns Google mit KitKat, inklusive einer groß angelegten Marketingkampagne in Kooperation mit dem Lebensmittelgiganten Nestlé. Mit KitKat aktualisiert Google Android weiter sehr behutsam. Wir stellen Ihnen die Neuerungen vor.
Bekannte, neue Optik
Das Bedienkonzept von Android hat sich über die Jahre hinweg bewährt, daher hat Google bei Android 4.4 keine Experimente gewagt. Nach wie vor finden Sie ganz oben die herunterziehbare Benachrichtigungsleiste, darunter das auf jedem Homescreen sichtbare Google-Suchfeld, Widgets und die für Sie wichtigsten Apps, die Traybar mit vier auf jedem Homescreen sichtbaren Icons und zentral den Starter für die App-Schublade. Darunter liegen, wie gewohnt, die Android-Buttons für Zurück, den Homescreen und die App-Wähler.



Am auffälligsten ist mit Sicherheit die flexiblere Gestaltung der Homescreens. Es gibt nun nicht mehr fünf oder sieben von Haus aus angelegte Homescreens, sondern Android baut einen neuen Handy-Desktop an, sobald Sie ein Icon oder Widget über den rechten Bildschirmrand hinausziehen. Kleine Punkte symbolisieren die Anzahl und Position. Tippen Sie länger auf ein freies Plätzchen auf dem Desktop, erscheint eine Übersicht, in der Sie die Reihenfolge Ihrer Homescreens arrangieren können.


Aus dieser Übersicht heraus wählen Sie nun Ihr Hintergrundbild aus oder platzieren neue Widgets, die jetzt nicht mehr in der App-Schublade zu finden sind. Nach wie vor gestaltet Google die App-Schublade sehr spartanisch: Andere Launcher lassen Sie Apps auch in der Anwendungsschublade sortieren, gruppieren oder verstecken, all das fehlt beim Google-Launcher.


Die Benachrichtigungsleiste färbt Android nicht mehr einheitlich schwarz oder grau, sondern zeichnet sie transparent mit einem leichten Farbübergang ins Schwarze. Braucht eine App besonders viel Platz auf dem Bildschirm — etwa Play Books im Lesemodus — kann sie sämtliche Bedienelemente wie etwa die Status- oder die Navigationsleiste ausblenden. Wischen Sie über den Bildschirmrand von oben nach unten (bzw. vom unteren Rand aus gesehen von unten nach oben), werden diese wieder ins Bild geschoben; tippen Sie erneut in die App, gehts im Vollbild weiter.
Ok Google (Nur Nexus 5)
Wer ein Handy mit Android 4.1 oder neuer besitzt, kennt bereits den Android-Assistenten Google Now. Dieser weist Sie automatisch auf anstehende Termine hin, informiert Sie über Paketlieferungen, kennt die Verkehrslage auf dem Weg zur Arbeit oder empfiehlt interessante Orte in Ihrer Nähe. Bisher öffneten Sie Now, indem Sie auf den Home-Button tippten und diesen nach oben zogen. Auf dem Nexus 5 liegt Google Now jedoch immer gleich auf dem ersten Homescreen.

Von Motorolas Moto X bekannt ist die Funktion, das Handy mit „Ok Google“ zu wecken und per Spracheingabe Google Now zu steuern, ohne auch nur einen Finger krumm zu machen. Dazu arbeitet beim Motorola-Gerät permanent ein spezieller Chip, der im Hintergrund mitlauscht und auf das Sprachkommando reagiert. Ganz so einfach ist es beim Nexus 5 mit KitKat nicht. Hier müssen Sie das Handy noch selber entsperren und auf einem der Homescreens sein — aber auch dann reicht ein „Ok Google“ für den Start von Google Now.

Diese Funktion behält Google sich jedoch erst einmal exklusiv für das Nexus 5 vor. Ob und wie das Feature auf zukünftigen KitKat-Handys und -Tablets genutzt wird, ist noch nicht klar. Aber selbst mit einem Nexus 5 wird man in Deutschland nur wenig Spaß an der Funktion haben, denn diese ist nur dann aktiv, wenn Sie unter Einstellungen | Sprache & Eingabe | Sprache das komplette Android-System auf English (United States) umstellen. Deutschsprachige Eingaben versucht Google Now dann allerdings mit einem englischen Wörterbuch zu erkennen — ein babylonisches Sprachenchaos ist die Folge.
Komplett neue Telefon-App
Auch wenn das „Phone“ in „Smartphone“ immer mehr zur Nebensächlichkeit wird: Mit einem Android-Smartphone können Sie nach wie vor telefonieren – wer hätte das gedacht? Dazu hat Google der Telefon-App einen komplett neuen Anstrich verpasst. Im neuen Look rücken Ihre Kontakte deutlich in den Vordergrund, das Handy zeigt nun automatisch die am häufigsten kontaktierten Einträge im Adressbuch großformatig mit Bildern an.


Erst, wenn Sie unten auf das Icon mit dem stilisierten Nummernfeld tippen, öffnet sich das Wählfeld. Beginnen Sie, hier eine Nummer oder im T9-Stil auch Namen einzutippen, filtert Android umgehend die passenden Kontakte aus Ihrem Adressbuch. Dieses Feature kennen Sie vielleicht bereits aus Android 4.3, in KitKat werden die so gefilterten Kontakte jedoch ausführlich mit Bild, Nummern und Namen angezeigt.
Wie steht es mit Nexus-Updates?
Google wird seine Nexus-Geräte zügig auf KitKat aktualisieren, allerdings nur die Modelle, die jünger als 18 Monate sind. Das Samsung Galaxy Nexus fällt somit aus dem Update-Programm. Besitzer eines Nexus 4, der beiden Nexus-7-Tablets und natürlich auch des Nexus 10 bekommen nach und nach das Online-Update angeboten, das Update-Prozedere auf KitKat läuft bereits schon heute an.
Ebenfalls nur auf Englisch verfügbar sind die direkt ins System und den Dialer integrierten „Gelben Seiten“. Tippen Sie zum Beispiel den Namen eines Geschäfts in die Telefon-App ein, zeigt Ihnen Android automatisch passende Treffer in der näheren Umgebung an – dazu müssen diese nicht in Ihrem Telefonbuch gespeichert sein. Ein Tipp auf eines der Suchergebnisse reicht, um den Anruf zu starten.
Hangouts beherbergen nun auch SMS
Auf den ersten Blick verwirrend wird für neue KitKat-User das Fehlen einer eigenständigen SMS/MMS-App sein. Google schafft die Kurznachrichten jedoch nicht ab, die SMS-Funktionen stecken jetzt direkt in der Hangouts-App. Ähnlich wie Apple mit iChat, fasst Google somit alle Chats – egal ob über die Daten- oder Telefonleitung – unter einer einheitlichen Oberfläche zusammen.



In den Hangouts wählen Sie über das „Plus“-Icon im Kopf der Seitenleiste einen Kontakt aus Ihrem Adressbuch aus. Per Klick auf die Auswahlbox mit dem Namen bestimmen Sie dann, ob Sie einen Hangout (einen Text- oder Sprach/Video-Chat über die Datenleitung) oder eine SMS-Konversation starten wollen. Um eine SMS an eine bisher unbekannte Nummer zu senden, tippen Sie diese einfach ganz oben über der Liste Ihrer Kontakte ein.
Druck-API nun fest in Android integriert
Muss man unbedingt vom Handy drucken können? Warum nicht! Schnell mal ein paar Notizen drucken, an E-Mails angeheftete PDFs aufs Papier bringen oder eine wichtige Registrierungsmail abheften. Da das Handy als ständiger digitaler Begleiter im Alltag immer mehr die Funktionen eines ausgewachsenen Notebooks übernimmt, muss auch immer öfter mal etwas vom Handy gedruckt werden.

Um mit Handy oder Tablet einen Ausdruck zu starten, bietet Google mit Cloud Print eine Internet-basierte Drucklösung an. Damit drucken Sie Dokumente direkt auf Cloud-Print-fähigen Druckern aus, geben Ihren am PC angeschlossenen Drucker frei oder schieben PDF-Dokumente auf andere Android-Geräte oder Google Drive. Diesem Thema haben wir uns in Android Apps & Tipps 04/2013 bereits ausführlich gewidmet.

Google integriert in Android 4.4 unter Einstellungen | Drucken ein neues Drucker-Framework, über das Apps Aufträge an entsprechende Dienste und Drucker senden können. Dazu gehört natürlich Googles eigene Cloud-Print-Technik, direkt zum Start aber auch ein HP-Plugin. Über eine offene API können andere Druckerhersteller und -dienstleister jedoch auch eigene Apps für Android erstellen.
Dateizugriffe vereinfacht
Handy, Tablet, Desktop-Computer, Notebook, der PC auf dem Schreibtisch – inzwischen arbeitet kaum mehr jemand ausschließlich mit nur einem Gerät, meist wechselt man nahtlos zwischen Arbeitsplätzen und Geräten. Dies ist ein Grund dafür, dass Cloudspeicher wie Dropbox, Google Drive oder Box so beliebt sind. Android 4.4 bindet nun die verschiedenen Speicherlösungen besser in das System ein, dabei ist es egal, ob es sich um eine lokale oder eine Cloudlösung handelt.


In Googles Officepaket Quickoffice können Sie die neue Funktion schon im Einsatz sehen. Sind die Cloudspeicherdienste Box und/oder Google Drive eingerichtet, rufen Sie Daten direkt aus der Anwendung heraus auf, ohne dass Sie einen Umweg über die Google-Drive- bzw. Box-App nehmen müssen. Die Dropbox-App wurde in dieser Richtung jedoch bisher noch nicht vom Anbieter angepasst.
Unter der Haube
Das olympische Motto „citius, altius, fortius“ – schneller, höher, stärker – gilt nicht nur im Sport. Auch in der IT-Branche muss alles immer schneller, größer und besser werden. Damit begeistern Google und Co. natürlich die Kunden in Europa, Asien und den USA, die sich die besten und teuersten Geräte leisten können, doch für die Märkte in den Schwellen- und Entwicklungsländern braucht es günstigere Handys.


Um Android auch dort positionieren zu können, soll KitKat deutlich besser mit schwächeren Geräten zurecht kommen. Als minimale Speicheranforderung gelten nun 512 MByte RAM. Alle Google-Apps wurden auf ihren Ressourcenverbrauch hin optimiert und sollen nun weniger Platz im Arbeitsspeicher verbrauchen. Android-Chef Sundar Pichai meint, damit die Android-Fragmentierung reduzieren zu können und die nächste Milliarde neuer Android-User zu erreichen.
Screencasts vom Handy aufnehmen: Durch gleichzeitiges Drücken der An-/Aus-Taste und des Leiser-Buttons lassen sich seit Android 4.0 Screenshots vom Handydisplay erstellen. Mit KitKat sind nun auch Videos möglich. Dazu gibt es aktuell noch keine Tastenkombination, stattdessen müssen Sie die Aufnahme über die Android Debug Bridge starten. Der Befehl lautet adb shell screenrecord /sdcard/screencast.mp4. Das Video können Sie anschließend zum Beispiel über die Galerie öffnen.
Der NFC-Nahfunk fristet hierzulande nach wie vor ein Schattendasein. Im Alltag nutzt man die Technik höchsten dafür, schnell einen Bluetooth-Lautsprecher mit einem Handy zu koppeln, KitKat baut nun aber die NFC-Unterstützung aus. Apps können auf diese Weise als virtuelle NFC-Smartcard fungieren und so zum Beispiel die Mensakarte, den Bibliotheksausweis oder die Zutrittskarte zur Firma überflüssig machen – eine entsprechende App und ein NFC-fähiges Handy reichen aus.

Nach dem Essen sollst du ruhn oder 1000 Schritte tun! Damit Sie wissen, wie weit Sie schon gegangen sind, gibt es Schrittzähler — auch als App fürs Handy. Diese müssen jedoch bisher mit aufwendigen Algorithmen aus den Daten der Beschleunigungssensoren herausrechnen, ob die letzte Erschütterung des Handys ein Schritt war, oder ob es nur auf den Schreibtisch gelegt wurde. Mit speziellen Schrittsensoren – ins Nexus 5 sind diese schon eingebaut — geht dies nun deutlich präziser und stromsparender. Apps wie Runtastic Pedometer unterstützen die neuen Sensoren bereits.

Mit passender Software lässt sich selbst aus dem dünnsten Stimmchen ein voller Gesang zaubern. Das gilt nicht nur für Britney Spears, sondern auch für Handylautsprecher und -kopfhörer. Nicht ohne Grund sind Geräte mit Beats Audio besonders beliebt bei jüngeren Käuferschichten, die viel Musik über das Handy hören. Android 4.4 verlagert die Dekodierung des Audiosignals und die Softwareoptimierung des Klangs nun auf eigene DSP-Chips (Digital Signal Processor). Das verbessert den Sound und spart Strom, da die Handy-CPU seltener geweckt werden muss. Im Nexus 5 ist ein entsprechender Prozessor bereits verbaut, laut Google ermöglicht der Audio-DSP bei abgeschaltetem Display bis zu 60 Stunden Musikwiedergabe.